La Belle: Aufklärung durch Ex-Stasi-Leute?

■ Innensenator: Ehemalige Stasi-Mitarbeiter behindern Ermittlungen beim Attentat auf Westberliner Disko

Berlin. West-Berlins Innensenator hat offenbar die Schnauze voll davon, daß immer noch ehemalige Stasi -Mitarbeiter und SED-Funktionäre in hohen Positionen der Volkspolizei und des DDR-Innenministeriums sitzen - und mauern. In einer gestrigen Erklärung griff Erich Pätzold (SPD) Innenminister Diestel (CDU) scharf an, weil das Zentrale Kriminalamt der DDR (ZKA) „offenbar nicht daran interessiert ist, den Bombenanschlag auf die Diskothek La Belle gemeinsam mit der Westberliner Polizei schnell und umfassend aufzuklären“. Bei dem Anschlag im April 1986 starben drei Menschen, 200 wurden verletzt. Über die Planung des Anschlags waren die Stasi und die SED-Spitze einschließlich des Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker Wochen vorher informiert.

„Wenn nicht sehr schnell die restlichen Akten der Westberliner Polizei übergeben werden“, befürchtet Innensenator Pätzold, „daß die Verantwortlichen des Bombenanschlages wegen fehlender Beweise nicht vor Gericht gestellt werden können“. Dem Staatsschutz West-Berlins werden „seit Wochen wesentliche Teile des Operativvorganges 'Lux‘ vorenthalten“, erklärte Pätzold.

Der Westberliner Kripo ist von Ostberliner Polizei-Insidern mitgeteilt worden, „daß heute im ZKA Bedienstete aus Bereichen der ehemaligen Stasi und der „SED-Sicherheit“ tätig sind, die nach der Wende übernommen und in Schlüsselpositionen befördert wurden“. Der für die Akte „Lux“ zuständige Chef des Staatsschutzes im ZKA, Kriminaloberrat Buchbecker, soll vormals Sicherheitsbeauftragter beim Zentralkomitee der SED gewesen sein. Der Leiter des ZKA, Kriminaldirektor Wittig, war Mitglied der SED-Kreisleitung im DDR-Innenministerium. Pätzolds Vorwurf: „Der DDR-Innenminister muß sich fragen lassen, ob er weiterhin alte Kameraden und Seilschaften der Stasi in seinem Hause schalten und walten läßt.“

Innenminister Diestel äußerte sich gestern nicht zu Pätzolds Kritik. Keinen Anlaß, die Vorwürfe des Westberliner Innensenators zu dementieren, sah gestern der Leiter der DDR -Kripo, Roland Wittig. Gegenüber der taz bestritt er lediglich, in das Amt „reingedrückt“ worden zu sein, da er seit zehn Jahren Leiter des ZKAs ist. Die geforderten Akten würden den Westberliner Behörden nicht zur Verfügung gestellt, weil die Akten so gut wie nichts mit dem Anschlag zu tun hätten.

Bisher wird der libysche Geheimdienst verdächtigt, die Bombe im „La Belle“ gelegt zu haben. Der Anschlag soll in der Ostberliner Botschaft - dem „Volksbüro“ - vorbereitet worden sein.

Dirk Wildt