Weitsichtige Politikerin

■ betr.: "Tagesthema Seite 3, (AL-Senatorin verweigert Genehmigung für HMI-Reaktor), taz vom 14.8.90

betr.: Tagesthema Seite 3, (AL-Senatorin verweigert Genehmigung für HMI-Reaktor),

taz vom 14.8.90

(...) Ich wünsche mir noch mehr derart weitsichtige PolitikerInnen. Angesichts der Tatsache, daß es nirgendwo auf der Welt ein funktionierendes Endlager für radioaktiven Müll gibt, dürfte eigentlich weder ein Atomkraftwerk noch ein Forschungsreaktor laufen. Ein Beispiel soll erläutern, wie der Entsorgungsnachweis in der Praxis aussieht:

Ich erinnere daran, daß im Zwischenlager Gorleben fässerweise strahlender Müll vom HMI Berlin liegt, der noch bis zum 3. August vom Staatsanwalt beschlagnahmt war.

Zusammen mit anderen Fässern (Nachlaß des Transnuklear -Skandals), die schon regelrechte Kreuzfahrten hinter sich haben (vom Atomkraftwerk XY über Mol und Stade nach Gorleben) soll der strahlende Dreck auf die Reise nach Duisburg gehen. Dort soll er, mitten in einem Wohngebiet (!) in den Hallen der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) getrocknet, geprüft und umgepackt werden. Anschließend soll er wieder ins Zwischenlager Gorleben, und die GNS lauert schon auf das „funktionsfähige Endlager“ in Morsleben (DDR), das man „nach der Wiedervereinigung gemeinsam nutzen könnte“, so die GNS. Wenn westliche Atomanlagenbetreiber anfangen, östliche Atomanlagen zu loben, ist allerhöchste Aufmerksamkeit geboten.

Die Atomkraftwerke laufen über vor Müll, es wurden schon Lagerhallen angebaut, die Landessammelstellen laufen über, Schiene und Straßen entwickeln sich zum regelrechten Atommüllzwischenlager, und es gibt immer noch Leute, die unter diesen Bedingungen einen Entsorgungsnachweis erstellen wollen.

Liebe Frau Schreyer, ich bin Ihnen dankbar für jedes Kilo nicht entstandenen Atommülls, das nicht nach Duisburg zur Volumenreduktion gekarrt wird, das nicht unter miserablen Meß- und Kontrollbedingungen, 200 Meter neben einem Kindergarten verarbeitet wird.

Eva Stegen, Duisburg (BRD)