Klassenräume gasen vor sich hin

■ Bürokratie blockiert Sanierung der formaldehydverseuchten Schwerhörigen-Schule

In der Schule für Schwerhörige in der Marcusallee bleiben heute die Klassenzimmer leer: Die LehrerInnen unterrichten ihre 170 SchülerInnen im Freien - aus Protest. Denn noch immer sind die längst beschlossenen Sanierungsmaßnahmen nicht begonnen worden, gasen die formaldehydverseuchten Schränke vor sich hin. Messungen hatten schon Anfang 1989 ergeben, daß die zulässigen Grenzwerte (12 mg/cbm) in den Klassen- und Kindergartenräumen erheblich überschritten werden. Eine erste Anweisung der Bildungsbehörde forderte: „Für eine gute Durchlüftung der Räume sorgen.„Wenn sich heute die Bildungsdeputation mit dem Stand der Sanierungsmaßnahmen beschäftigt, dann hat sich darüber hinaus noch nichts ereignet. Beschlossen hatte die Deputation dagegen schon im Juli einen Maßnahmenkatalog (Kosten: 198.000 Mark). Er schlägt vor: Die Deckenplatten des Kindergartenraumes austauschen, die formaldehyd -verströmenden Lochungen der Regalwände versiegeln, sowie neue Fenster mit Zwangsbelüftung einbauen.Warum die Schränke nicht komplett ausgetauscht werden, erklärt Walter Seitz, Referatsleiter Schulbauplanung: „Wer garantiert denn die chemische Zusammensetzung der neuen Schränke? Außerdem müssen wir wirtschaftlich bauen.“

Anfang September soll der Finanzausschuß die Maßnahmen beschließen und dann gehe alles seinen „normalen Gang“: Das Hochbauamt wird die Leistungen ausschreiben, dann trudeln die Angebote ein, dann Vergabesitzung, dann Auftragserteilung und dann, ja dann sei es vielleicht schon Weihnachten, spekuliert der Schulbauplaner. Daß die Eltern, deren Kinder auffallend häufige Erkältungen haben, jetzt ungeduldig werden, bezeichnet Seitz als „Fakt, mit dem man leben muß“. Bisher sei „so ein massiver Druck nie dagewesen.“ Daß mittlerweile auch die LehrerInnen über permanente Kopfschmerzen klagen, war dem Behördenvertreter völlig neu.

ra