Michael Düllmann vorübergehend frei

■ Ärzte wollten Verantwortung für das Leben des Hungerstreikenden nicht länger übernehmen / Rheinland-pfälzischer Justizminister Caesar ließ Giftgasblockierer Düllmann jetzt für drei Monate frei

Essen (taz) - Der in Wuppertal inhaftierte Michael Düllmann ist gestern, am 60. Tag seines Hungerstreiks, freigelassen worden. Der rheinland-pfälzische Justizminister, Peter Caesar, traf die Entscheidung, nachdem die Gefängnisärzte die Verantwortung für Düllmanns Leben nicht länger übernehmen wollten. In den letzten Tagen hatte der Hungerstreikende jede ärztliche Untersuchung verweigert, auch gegen seine Einweisung ins Haftkrankenhaus Fröndenberg wehrte er sich. Caesar erklärte, daß „gesundheitliche Schäden“ für Düllmann nunmehr nicht länger auszuschließen seien, „eine weitere Vollstreckung sei derzeit unverhältnismäßig“. Die Haftaussetzung gilt für mindestens drei Monate, der Mainzer Minister hofft, daß Düllmann seine Reststrafe bezahlt, sonst stehen noch 47 Tage Haft aus.

Verurteilt worden war Düllmann als gewaltfreier Blockierer der amerikanischen Atomwaffen- und Giftgasdepots in Hasselbach und Fischbach. Der 47jährige, Mitglied der Jüdischen Friedensinitiative und des Bonner Friedensplenums, erkannte die Strafe nicht an, da durch sie nicht nur seine Person, sondern die Friedensbewegung insgesamt kriminalisiert werde. Seit Mitte Juni war Düllmann im Gefängnis, noch bis Ende September hätte er sitzen müssen. Mit seinem Hunger- und Durststreik wollte er seine Rehabilitierung und die anderer verurteilter Blockierer erreichen.

Justizminister Caesar hatte sich bisher stets geweigert, Düllmanns Haft auszusetzen, auch als es ihm nach mehrwöchigem Durststreik - er nahm nur begrenzte, immer geringere Mengen Flüssigkeit zu sich - äußerst schlecht ging.

Klaus Vack vom Komitee für Grundrechte und Demokratie erstattete Strafanzeige gegen den Minister wegen Körperverletzung durch Unterlassen. Viele Leute erklärten sich mit Düllmann solidarisch und verlangten in Hunderten von Briefen an Minister Caesar seine Freilassung. UnterstützerInnen, FreundInnen, vor allem aber seine Frau Gina brachte Düllmann mit seinem selbstmörderischen Durst und Hungerstreik an den Rand der Verzweiflung. Der Freundeskreis hatte versucht, ihn von seinem Hungerstreik abzubringen. Düllmann hatte in den letzten Tagen alle Kontakte abgebrochen. Wuppertaler Grüne holten ihn gestern vor dem Gefängnis mit einem Arzt ab und brachten ihn nach Bonn, wo seine Familie wohnt.

Bettina Markmeyer