Bitte nicht nach Hause

■ Klingeln die Heimatklänge aus?

Das Heimatklänge-Festival im Tempodrom feiert seine letzte Konzertwoche in dieser Saison, das Thema fürs nächste Jahr („Indien“) ist schon vorbereitet, und doch scheint den Organisatoren der Konzerte die Angst vor dem finanziellen Ruin im Nacken zu stecken. Berlin hat es nicht mehr nötig, Touristen mit Kultur in die Hotelbetten zu locken, der Bund hat keine Lust, die Hauptstadt Kreuzberg auszuhalten und die Zwangskopulation von Ost- und West-Kulturetat führt zum Siechtum beider.

Auf einer eilig per „Tempofax“ einberufenen Pressekonferenz im Tempodrom beschworen alle Beteiligten den Erfolg des Festivals.

Jeder dankte jedem für alles und beteuerte, „es müsse doch auf alle Fälle weitergehen“. Man habe es geschafft, die Heimatklänge in ihrem dritten Jahr auf acht Wochen auszudehnen, die neue Schallschutzbühne („von uns bezahlt“, jubilierte Manfred Fischer vom Kultursenat) sei doch ganz prima angekommen, es habe auch keine Anwohnerbeschwerden mehr gegeben, und die Bands spielen jetzt auch noch im Ruhrgebiet, in das man einen Heimatklänge-Ableger verpflanzen konnte (von „denen“ bezahlt, versteht sich). Noch nie so viel Publikum, noch nie so viel Erfolg, jede Menge „praktizierte Multikultur (Irene Mössinger, Tempodrom), genau das richtige Motto („Beat! Apartheid!“) und auch noch tolle Musik aus dem „südlichen Afrika“.

Nur der Wirtschaftssenat will nicht mehr mitspielen, und der trägt immerhin die Hälfte des 400.000-DM-Etats. Das Haus der Kulturen der Welt, in dem Sonntags die Werkstattkonzerte sowie Gespräche mit den beteiligten Musikern stattfinden und das sich bisher mit 100.000 DM beteiligt hatte, konnte, da selbst von Bundesgeldern abhängig, keine festen Zusagen machen. Immerhin sei man aber bereit, im Rahmen der Indischen Festspiele im nächsten Jahr zwei Bands voll zu finanzieren. Das sei ja genau ein Viertel, also auch 100.000, flüsterte ein rechengewandter Podiumsgast.

Auch Helmut Lehnert und Volker Präkelt vom SFB, der die Musiker nach den Konzerten noch zu einer Studiosession lädt, aus der dann der „Heimatklänge-Sampler“ mit allen Bands produziert wird, versprachen weitere Zuwendungen ihrer Anstalt. Als „öffentlich-rechtliche“ stehe man in der Pflicht, obwohl man ja eigentlich auch viel zuwenig Geld habe...

Blieben noch die solidarischen Grüße des Botschafters von Mosambik in der DDR, Pedro Taimo, der darum bat, seine 15.000 Landsleute in der DDR doch bitte nicht zurückzuschicken, „in Mosambik wären sie doch nur arbeitslos“. Ein junger Student, der sich nicht als Vertreter des ANC verstanden wissen wollte, wie er angekündigt war, betonte noch einmal die Wichtigkeit des Slogans „Beat! Apartheid!“ für den Kampf auch in Europa gegen das Rassistenregime.

Nachdem auch Manfred Fischer vom Kultursenat weitere Gelder seines Brötchengebers für die Heimatklänge '91 ankündigte, fehlte eigentlich nur noch der Wirtschaftssenator, der in diesem Augenblick seinen großen Auftritt hätte haben können: im offenen Dienst-Mercedes in die Tempodrom-Arena einfahrend mit einem dicken Alukoffer voll Geld in den Händen.

Andreas Becker

Ein letztes Mal Heimatklänge für dieses Jahr: Das Orchestra Marrabenta Star De Mocambique spielt (bei Regen im Zelt) heute um 21.30 im Tempodrom, am Sonntag wie immer um 16 Uhr im Haus der Kulturen der Welt.