Geschäft ist Geschäft

■ Über das Managen von Kleinkunst am Beispiel des „Nickelodeon„-Vermarkters

Michael Hilleckenbach ist Theateragent, vorwiegend für Kleinkunstveranstaltungen. Er hat zum Beispiel auch „Nickelodeon“ unter Vertrag, das englische Komikerduo, das zur Zeit wieder in der Stadt auftritt.

Umwerfend, sensationell, staubtrocken und intelligent“ haben die „Zwei wie ein Orkan“ die schreibende Zunft wie „im Sturm erobert, in Verzückung versetzt“, daß „Chaplin sich den Bauch gehalten hätte“.

Wie Zahnpastareklame werden die Künstler der Agentur angepriesen und gleich gemacht; die Pocket Opera Company wie die blassen Engländer. Michael Hilleckenbach interessiert sich für Kultur - so sehr, daß er beschlossen hat, damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Als Schauspieler des Kölner Luna-Theaters gründete er 1980 die erste Off-Bühne der Domstadt. Dort übernahm er bald die Organisation, bis ein Streit um die mögliche Professionalisierung neben der Schließung des 90-Plätze-Hauses bewirkte, daß Hilleckenbach sein Philosophie-Studium schließlich doch abschloß. Nach Hommage an Köln (1985), einer zwölfstündigen Multimediaveranstaltung in Bioleks altem Bahnhofswartesaal, und einem Intermezzo als Tourneebegleiter des Rezitators Lutz Görner („der ist ein Altstalinist“) machte sich Hilleckenbach als Theateragent selbständig.

Als Geschäftsführer der Künstleragentur „Theatertransfer“ reist er jahrein, jahraus durch Westeuropa, um Nachwuchs für den bundesrepublikanischen Kulturbetrieb aufzutun. Beim Theaterfestival von Edinburgh wurde er mit dem Komikerduo Nickelodeon fündig, das mit einer Lachschau zwischen Dick und Doof und Ohnesorg inzwischen zu den Lowlights des auf Körpertheater konzentrierten Programms gehört (siehe aber auch La-Vie-Kurzkritik in der Wochenendbeilage). Die Kabarettisten Achim Konejung und Horst Schroth („Gnadenlos deutsch“) gehören ebenso wie die brasilianische Pantomimin/Tänzerin Lino Do Carmo (zuletzt zu sehen im Haus der Kulturen der Welt) zum Angebot der Agentur.

Theatertransfer übernimmt die Vermarktung der Künstler im deutschsprachigen Raum. Einmal jährlich wird eine Werbemappe an die Kulturdezernate der Republik verschickt, aus der sich die kommunalen Subventionsverwalter das Programm für „einen besonderen Abend“ in ihrem Bürgerhaus aussuchen. Für hierzulande relativ unbekannte Gruppen wie das Pariser Theatre de la Mie de Pain (Pantomime) und das tschechoslowakische Bildertheater DRAK sind die von Hilleckenbach vermittelten Engagements die ersten Auftritte in Deutschland. Aus dem „Zehnten“, der in die Agenturkasse fließt, werden die Künstler dann intensiv beworben.

Die hartnäckige Promotion via Hochglanzpapier und Telefax zahlt sich auch für Nickelodeon, im dritten Jahr nach ihrem ersten Berliner Auftritt, aus: Presse, Funk und Fernsehen haben bereits zur Premiere vollzählig berichtet, das Publikum füllte - zumindest in der ersten Spielwoche - brav die Ränge des Grips-Theaters. Sobald die Kölner Vorfinanzierung von 10.000 Mark eingespielt ist, wird echtes Geld verdient. Wieviel Prozent dabei für ihn abfällt, darüber schweigt Hilleckenbach.

Schon vor der Maueröffnung konnte er seine Künstler in die DDR vermitteln. Die mit Ostmark bezahlte Tournee - Rara wie Kontrabässe waren als Gage nicht zu haben - zahlte sich erst nach dem Zusammenbruch des SED-Staats aus. Die ersten 4.000 Mark Honorar für Konejung und Schroth wurden zum Kurs von eins zu eins auf DM umgestellt.

Das nächste Projekt von Theatertransfer ist eine Wahlkampfrevue mit Arnulf Rating (ein Tornado), Gnadenlos deutsch und anderen. Ob er die Schau, die von den Grünen für den Herbst bestellt wurde, auch an die SPD verkauft hätte? „Warum nicht?“ lacht Hilleckenbach. „Die waren aber nicht schnell genug.“

Stefan Gerhard

Nickelodeon mit „Dinner for 2“ bis zum 28.8. täglich um 20.30 Uhr im Grips-Theater.