Kein Strobl-Text im WDR

■ WDR-Chefetage fürchtet „Verdacht einer Parteinahme“

Berlin (taz) - Die Journalistin Ingrid Strobl, seit Mai aus der Haft entlassen, darf nicht für den Westdeutschen Runkfunk arbeiten. Anfang August sollte Ingrid Strobl bei der WDR-Hörfunkredaktion „Thema heute“ zum 45. Jahrestag der Atombombe auf Hiroshima mitarbeiten. Einen Tag nachdem sie den Auftrag erhalten hatte teilte Redaktionsleiter Ulrich Teiner ihr telefonisch mit, daß „das Haus“ ihre Mitarbeit leider nicht wünsche. Die Journalistin, die seit ihrer Freilassung für verschiedene ARD-Anstalten arbeitete, vermutete politische Gründe für diesen Rückzug und informierte die IG Medien. Der Hauptvorstand der Gewerkschaft protestierte daraufhin beim WDR-Intendanten Friedrich Nowottny gegen das „faktische Berufsverbot.“ Von einem Berufsverbot will man aber beim WDR nichts wissen. Es sei „übliche Praxis“ im Hause, bei den Mitarbeitern auch darauf zu achten, „daß sie durch Gesetz gebotene Unabhängigkeit und Distanz einbringen und die Glaubwürdigkeit unserer Programme nicht beeinträchtigen“. So heißt es in einem Brief des Hörfunk-Chefredakteur Dieter Thoma vergangene Woche im Namen des WDR-Intendanten an die IG Medien. Schließlich sei Ingrid Strobl - bei aller Kritik an ihrem 129a-Prozeß - nicht freigesprochen, sondern lediglich haftverschont worden. Der Bundesgerichtshof habe das Urteil gegen sie nicht in allen Punkten aufgehoben. Noch immer erachte man sie „eines Verbrechens“, nämlich der „Beihilfe zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion“ für schuldig. Thoma weiter: Ingrid Strobl „in der jetzigen Situation als herausgehobene Autorin“ zu beschäftigen, „hätte von unseren Hörern falsch verstanden werden können“. Denn innerhalb eines schwebenden Verfahrens müsse der WDR „sorgfältig„darauf achten, „nicht in den falschen Verdacht einer Parteinahme zu geraten“.

uhe