Ohne Geld keine Gebührenbefreiung

■ Studentin muß Fernsehempfang bezahlen

Wie kompliziert und dennoch oft unergründlich gerecht die Wege der Justiz sind, mußte am Freitag die Studentin Gudrun Kämper vor dem Verwaltungsgericht Bremen erfahren. Ihr Widerspruch gegen die Ablehnung einer Gebührenbefreiung für Radio und Fernsehen wurde negativ entschieden. Begründung laut Rechtsanwalt Dietrich Köpke von Radio Bremen: „Eine Gebührenbefreiung kann nur dann gewährt werden, wenn ein Gerät angemeldet und in Benutzung ist“. Andernfalls entfalle der Streitpunkt. Im Klartext: Wenn jemand nicht genug Geld hat, um sich die laufenden Zahlungen für Radio und Fernsehen leisten zu können, muß er erst mal bezahlen, um überhaupt die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Zahlung zu erfüllen. Warum einfach, wenn's auch kompliziert geht.

Die Klägerin hatte, wie sich bei der Verhandlung herausstellte, einen entscheidenen Fehler begangen. Als Gudrun K. im Februar von Radio Bremen mitgeteilt bekam, daß ihre bis dahin gültige Gebührenbefreiung abgelaufen und somit eine automatische Abmeldung erfolgt war, hatte sie unbedachter Weise ihre beiden Geräte zu Freunden gebracht. Auf diese Weise wollte sie der Gefahr entgehen, sich einer Ordnungswidrigkeit schuldig zu machen. Denn, so hatte Radio Bremen in seiner Mitteilung unmißverständlich klar gemacht, wenn ein Gerät nicht angemeldet

ist, darf es auch nicht bereit stehen.

Die Gebührenbefreiung war der Studentin mit Hinweis auf die „Einkommensgrenze“ der Bafög-Empfängerin abgesprochen worden. Ihrem „tatsächlichen Einkommen“ (770 Mark BAFÖG, 370 Mark Unterhalt für den siebenjährigen Sohn, 89 Mark Wohngeld und 73 Mark Kindergeld-Zuschlag) wurde ein monatlicher „Bedarfssatz“ von 1.218,72 gegenübergestellt. Und damit überstieg das Einkommen von Gudrun K. „die für sie maßgebliche Grenze um 12,68 Mark.“ Seit dem ersten Juli jedoch, als die Sozialhilferegelsätze von 428 auf 451 Mark angehoben wurden, liegt ihr Einkommen sogar um 36,82 Mark unter der Einkommensgrenze. Welche Berechnung letztendlich für den Rechtsstreit entscheidend ist, wollte man eigentlich vor Gericht klären. Doch dazu sollte es - wie berichtet erst gar nicht kommen.

Dennoch, Gudrun K., obwohl im ersten Moment recht niedergeschlagen, wird nicht locker lassen. „Als Studentin ist es für mich einfach unabdingbar gut informiert zu sein. Und dazu brauche ich unbedingt Radio und Fernsehen“. Sie wird sich auf Anraten der Richterin einen Anwalt nehmen und den ganzen Fall von neuem aufrollen. „Es geht mir doch dabei nicht nur um mich, sondern um's Prinzip. Es gibt ja noch mehr arme Schweine“.

bz