Die tausend Tode des Trainers

■ 1. FC Köln - Werder Bremen 1:0 / Wann kommt endlich Norbert Blüm?

Von Johannes Boddenberg

Köln (taz) - Drückende Schwüle, Smog und fette Ozonwerte bestimmten am Wochenende das Klima in der rheinischen Tiefebene. Lag es an der mangelnden Gewöhnung der Bremer Spieler an diese schlechten Witterungsverhältnisse, daß sie den Beginn des Spieles gegen den 1. FC Köln regelrecht verschliefen? Jedenfalls, in den ersten zwanzig Minuten gewannnen die Jungs von FCKW-Stopper Otto Rehhagel so gut wie keinen Zweikampf. Dafür zeigte der 1. FC Köln in dieser Zeit den „Willen zum Sieg“, so später Trainer Erich Rutemöller.

Der fleißige Pierre Littbarski gab gute Pässe aus dem Mittelfeld, und der FC kam schnell zu zwei Eckstößen. In der 14. Minute erzielte dann Ralf Sturm das 1:0. Nach einem Fehler der Werder-Abwehr (Borowka) nahm er einen Paß von Olaf Janssen auf und schloß einen Alleingang erfolgreich ab. Zwei Minuten später glänzte Maurice Banach mit einem Direktschuß. Ansonsten blieb der Neuzugang aus Wattenscheid, vom Stadionsprecher allen Ernstes als „Mucki“ Banach angekündigt - zu ängstlich und zaghaft.

Erst ab der 25. Minute schienen die Bremer dann begriffen zu haben, daß sie sich nicht im Training, sondern bei einem Bundesligaspiel vor 15.000 Zuschauern im Müngersdorfer Stadion befanden. Sie hielten jetzt mit und erreichten vor der Pause immerhin noch zwei Eckbälle. Allmählich wurde Bremen sogar überlegen, brachte aber vor Illgners Tor nichts zustande. Weder überzeugten Wynton Rufer noch Frank Neubarth, für den nach der Pause Uwe Harttgen kam.

In der zweiten Halbzeit bestimmte Bremen das Geschehen, und es traf zu, was Otto Rehhagel abschließend so formulierte: „Die Kölner waren ihrer Sache nicht ganz sicher. Seit langem hätten wir hier nicht mehr so leicht gewinnen können.“ Vor allem Uli Borowkas Lattentreffer ind er 62. Minute hätte ein Tor sein können. Hätte, hätte... Aber das Glück stand auf Kölner Seite.

Nach dem in der 64. Minute Littbarski wegen einer Verletzung, die ihn auch um das Länderspiel am Mittwoch in Portugal bringt, ausgewechselt werden mußte, wurden die Kölner immer nervöser. Der eingewechselte Frank Ordenewitz und Olaf Janssen konnten hundertprozentige Konterchancen nicht verwerten. „Dabei stirbt man tausend Tode“, sagte Erich Rutemöller später.

Begleitmusik während und nach dem Spiel waren die „Artzinger-Bolten-raus„-Rufe der FC-Fans. Der „ätzende Bolten“, so wird der FC-Präsident von den alternativen Köln -Fans genannt, ist bei den Anhängern wegen des Daum -Rausschmisses nicht beliebt. Der Fußballpräsident, CDU -Ratsherr, Rechtsanwalt und vielleicht bald Präsident des Bundesverbandes der Haus- und Grundeigentümer, wirkte unbeholfen und arrogant zugleich, als er seinen Widersachern auf der Tribüne nach dem Spiel zuwinkte. Er kommt beim Volk einfach nicht an.

Warum also verfällt beim 1. FC Köln keiner auf den Gedanken, Artzinger-Bolten auszuwechseln?! Als idealer Nachfolger für ihn böte sich doch Bundesarbeitsminister Norbert Blüm an. Blüm ist volksnah, beherrscht die Kunst der Büttenrede und ist schon lange FC-Mitglied. Ob er von Fußball was versteht, ist nicht so wichtig. Hauptsache: Er ist auch in der CDU.

Köln: Illgner - Götz - Greiner, Giske, Higl - Janßen, Flick, Littbarski (64. Baumann), Andersen - Banach, Sturm (74. Ordenewitz)

Bremen: Reck - Bratseth - Otten, Borowka - Bockenfeld (65. Bode), Eils, Votava, Hermann - Neubarth (46.Harttgen), Rufer, Allofs

Zuschauer: 15.000

Tore: 1:0 Sturm (13.)