NRW-Grüne gegen grünen Golf-Krieger

■ Grüne wählten in Bielefeld Bundestagskandidaten

Bielefeld (taz) - In einem fast 25stündigen Wahlmarathon haben die nordrhein-westfälischen Grünen auf ihrer Delegiertenversammlung am Wochenende in Bielefeld ihre KandidatInnen für die Bundestagswahl gewählt. Erwartungsgemäß sicherten die Delegierten Tatjana Böhm vom Unabhängigen Frauenverband der DDR (UFV) und Wolfgang Templin, dem Mitbegründer der Initiative Frieden und Menschenrechte, zwei Bundestagsmandate - sofern die WählerInnen den Grünen über die Fünfprozenthürde verhelfen.

Angeführt wird die NRW-Liste von einer Feministin: Marie -Theres Knäpper, Sozialwissenschaftlerin aus Bonn. Die 35jährige Mitarbeiterin der Bundestagsfraktion schrieb das Antidiskriminierungsgesetz mit, streitet für Quotierung und gegen den §218 und widmet sich derzeit vor allem der Gen und Bevölkerungspolitik. Gerd Billen, Gründer und Vorsitzender der Verbraucherinitiative, wurde überraschend auf Platz zwei gewählt.

Die NRW-Grünen, die 1987 in ihrem Bundesland auf 7,5 Prozent der Stimmen kamen, stellen elf Mitglieder in der jetzigen 44köpfigen Bundestagsfraktion. Entsprechend zäh der Kampf um die ersten zwölf Listenplätze.

Fast einstimmig verabschiedeten die NRW-Grünen am Sonntag eine Resolution zur Golf-Krise. Darin lehnen sie jeden Einsatz der Bundeswehr außerhalb des Nato-Gebiets ab, fordern, die deutschen Minensuchboote zurückzubeordern und wenden sich gegen alle Versuche, „durch den Golf-Konflikt die Nato als Weltpolizei zu etablieren“. Hintergrund der Erklärung waren Äußerungen Udo Knapps (u.a. In der taz vom 11.8.90). Der Mitarbeiter der Bonner Grünen hatte entgegen bisheriger grüner Friedenspolitik für Krieg am Golf plädiert, sofern der Westen den Irak nicht mit einem Wirtschaftsboykott in die Knie zwingen könne. Neben Stimmen, die den Ausschluß Knapps aus der Partei forderten, hatte der Bundestagsabgeordnete Eckard Stratmann-Mertens am Samstag beantragt, die Bonner Fraktion solle Knapp als Mitarbeiter entlassen. Über „Berufsverbot“ und Parteiausschluß des dem Hessener Landesverband angehörenden Knapp zu entscheiden, steht den NRW-Delegierten jedoch gar nicht zu. Obwohl eine Diskussion über Knapps Position wegen des langwierigen Wahlverfahrens unterblieb, machte die Versammlung jedoch deutlich, daß sich Knapp mit seiner Haltung bei den Grünen isoliert hat.

Bettina Markmeyer