BUNSENBRENNER BUNSENBRENNER Hilft nix! Nutzt nix! Bringt nix!

■ Sport und „Nahrungs- ergänzungsmittel“

Also, heute hat Karl-Heinz mal wieder seinen gaaanz sportiven Tag. Zieht morgens frisch geduscht die Tennissocken an und die Turnschuhe, die Jeans und das T -Shirt mit dem bunten Skateboardfahrer drauf. Whow!

Bevor der erste Schluck Kaffee die Zunge benetzt, schmeißt Karl-Heinz ein paar Brausetabletten ins Wasserglas. Wat mut det mut! Karl-Heinz ist doch nicht blöd: Vitamine, das isses. Volle Kanne. Viel hilft viel. Dann fliegt der Kaffee in den Ausguß. Riecht echt gut, ist aber reines Gift Koffein. Karl-Heinz hat beschlossen, diesen Tag anzugehen wie Ivan Lendl. Gesund und munter. Punkt 16 Uhr wird er dann seinen alten Widerpart Gunnar vom Court hauen, diesen Aufschneider. So was braucht nicht nur das rechte Outfit, nein, der Körper muß fit sein wie 'ne Eins. Vitamine allein reichen da nicht. Gunnar ist beim Tennis ein harter Brocken, das verlangt mehr: Isotonische Getränke, Eiweiß- und Aminosäureprodukte, Mineralstoffpräparate. Kennt Karl-Heinz haufenweise aus der Werbung. Franz Beckenbauer macht damit Liegestützen, Franco Baresi wurde damit der weltbeste Libero - und hat nicht Gerd Müller früher gebrummt: So kommt Energie sofort zurück. Das ist doch ganz große Klasse: Wir beißen in Schokolade und fühlen uns gesund, so richtig bärenstark. Der braune Riegel macht doch nicht dick, der macht Power! Whow!

Ach Karl-Heinz, alter Depp. Jetzt könnte hier ein Litanei folgen von verzweigtkettigen Aminosäuren, Transmimisierungsprozessen, Glucose- und Fettsäureoxidation oder Muskelproteinstoffwechsel. Geschenkt. Es läßt sich nämlich relativ einfach zusammenfassen, was für einen krachenden Unfug du anzustellen gerade dabei bist: Hilft nix, nutzt nix, bringt nix! Für die Konsumenten jedenfalls. Für die Hersteller gilt das Gegenteil, aber davon soll jetzt nicht die Rede sein. Diese „Nahrungsergänzungsmittel“ (Fachjargon) sind nicht nur unnötig für den ganz normalen Breiten- und Leistungssportler, sie können sogar - Achtung, Karl-Heinz - gefährlich sein! Weil wir im Durchschnitt sowieso zuviel Eiweiß essen. Weil Überfluß an Eiweiß auf die Nieren gehen kann. Weil zuckerhaltige Getränke nicht schnell aufgenommen werden, sondern viel eher reines Wasser. Weil Vitamin C nicht ausgeschwitzt wird, also auch bei Belastung kein erhöhter Bedarf entsteht. Weil bei zu hohen Dosen an Vitaminen das Bundesgesundheitsamt vor Risiken warnt.

Also, Karl-Heinz, weg mit dem ganzen Schrott, der nur die Verpackungsindustrie jubeln läßt und die Aktienbesitzer der großen Konzerne! Denn dies ist die gute Nachricht der Woche in der taz: Nach dem Schwitzen beim Sport ist ein Apfelsaftschorle immer noch das Beste!

Thömmes