FDP beugt sich Walter Wallmann

Frankfurt/Main (taz) - Hessens Ministerpräsident Walter Wallmann (CDU) hat sich durchgesetzt: Die noch vor Wochenfrist renitente FDP trug gestern in Wiesbaden die von Wallmann gewollte Verfassungsreform mit - mit Ausnahme der angestrebten Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre. Schon in der nächsten Woche wollen CDU und FDP im Landtag einen Gesetzentwurf einbringen, mit dem zum einen der Natur- und Umweltschutz zum Staatsziel mit Verfassungsrang erhoben und zum anderen Bürgermeister und Landräte demnächst in Hessen direkt vom Volk gewählt werden sollen. Da die bestehende Landesverfassung bei einer Verfassungsänderung eine Volksabstimmung vorschreibt, werden die Bürgerinnen und Bürger des Landes zeitgleich mit der Hessenwahl am 20. Januar zu den Urnen gerufen, um dieser Verfassungsänderung den populistischen Segen zu geben - oder auch nicht.

Die Oppositionsparteien im Landtag haben gestern bereits Widerstand gegen den „Schnellschuß“ des Ministerpräsidenten angekündigt. Die Grünen sprachen von einem „Placebo“ der Landesregierung, denn über die Inhalte der Verfassungsreform dürften die Landeskinder nicht abstimmen. In der Tat sollen die Ausführungsbestimmungen für die Direktwahl der kommunalen Verwaltunsspitzen erst nach der Volksabstimmung in einer Enquete-Kommission konzipiert werden. Und beim „Staatsziel Umweltschutz“ habe sich die Landesregierung an einer veralteten Formel der Börner-Administration aus dem Jahre 1984 orientiert. Die Grünen kündigten die Einbringung eines weitergehenden Entwurfs an, in dem insbesondere auch die Einspruchsrechte der Bürgerinnen und Bürger klar formuliert werden sollen. Der FDP warfen sie „Wirbellosigkeit“ vor. Wie bereits in der Abtreibungsfrage in Bonn sei die Partei auch in Hessen dabei, das „Maulheldentum“ zur politischen Tugend zu machen. Der grüne Politiker Dick: „Die FDP wird die Verantwortung dafür mittragen müssen, daß diese Verfassungsänderung im Landtag mit nur zwei Stimmen Mehrheit durchgepeitscht werden wird.“ Daß die Regierungskoalition weiter Hand an die Verfassung zu legen gedenkt, machte FDP-Fraktionsvorsitzender Wilke deutlich: „Die Landesverfassung kann der Verfassungswirklichkeit eines liberalen Rechtsstaates nicht mehr gerecht werden.“

Klaus-Peter Klingelschmitt