Japanische Firmen investieren nicht - sie sondieren

■ Polen: Kein Zustrom von Kapital aus dem fernen Osten / Joint-ventures und Auslandsfirmen im Dschungel der Gesetzgebung / Leasing wird populär

Aus Warschau Klaus Bachmann

„Wir müssen die Unternehmer aus Japan locken“, forderte vor kurzem erst die polnische Regierungszeitung 'Rezczpospolita‘ in einem Kommentar. Japanisches Kapital in Polen hätte nämlich gleich mehrere Vorteile: Es würde den Zustrom modernster Technik garantieren und zugleich ein Gegengewicht zu deutschen Investitionen bilden, vor denen sich die meisten Polen immer noch mehr fürchten, als sie erhoffen. Doch japanische Unternehmen lassen sich Zeit - bisher gibt es in ganz Polen gerade ein genehmigtes Joint-venture: eine kleine Softwarefirma in Stettin.

Ansonsten existieren in Warschau zwar über ein Dutzend Firmenvertretungen aus Nippon, doch die investieren nicht, sie sondieren. Vom japanischen Run auf Osteuropa hat Polen noch nichts gemerkt - eine gute Gelegenheit für ein Investorenforum, von dem Polens Regierung sich neulich eine Intensivierung der Kontakte zwischen polnischen und ausländischen Betrieben erhoffte. Umso peinlicher muß es ihr gewesen sein, daß ausgerechnet mitten in das Forum hinein die Nachricht platzte, der japanische Autohersteller Daihatsu habe seine Joint-Venture-Pläne mit dem polnischen Autohersteller FSO Zeran aufgegeben, wegen der „chaotischen Bedingungen in Polen“, wie ein Firmensprecher erklärte.

Für FSO Zeran, das gestützt auf japanische Exportförderungen pro Jahr 10.000 Wagen des Typs Charade herstellen wollte, bedeutet dies nun eine Rückkehr zur erprobten Partnerschaft mit dem italienischen Autokonzern Fiat, der bereits angeboten hatte, in Zeran bei Warschau sein Tipo-Modell auch für den polnischen Markt zu bauen. Davon abgesehen zieht es zur Zeit hauptsächlich Hoteliers nach Polen, da dies eine Branche ist, in der ausländische Investoren von den Unwägbarkeiten des polnischen Marktes relativ unabhängig sind. Daher orientieren sich die meisten Joint-venture trotz der nun geringeren steuerlichen Anreize zum Export hin. Dies auch deshalb, weil in Polen der Gewinntransfer noch auf den Exportanteil des dem ausländischen Partner zufallenden Gewinnanteils beschränkt ist. Diese Restriktion wird inzwischen nicht nur von ausländischen Investoren kritisiert, sondern auch von polnischen Experten, die zur Schlußfolgerung gelangt sind, daß sich Kapitalexport so gar nicht wirkungsvoll verhindern läßt, solche Verbote jedoch mehr Schaden anrichten, als Nutzen bringen.

„In Polen entstehende Gesellschaften mit ausländischem Kapital zeigen, daß in vielen Fällen nicht die Dividenten die hauptsächliche Form des Kapitalentzugs ist, sondern der einseitige Gewinn des ausländischen Partners, der bei Finanzhilfen, Investitionsgüterlieferungen und Leistungen der Auslandsfirma für das Joint-venture entsteht“, schrieb ein Firmenberater in einer polnischen Wochenzeitung. Auch umgekehrt wird ein Schuh daraus: Statt überhöhter Preise bei Lieferungen nach Polen können auch Exporte des gemischten Betriebes für die im Ausland befindliche Firma preislich entsprechend gestaltet werden.

Das Ergebnis ist das gleiche: Der Auslandsbetrieb erzielt höhere Erträge zu Lasten des Joint-ventures - Gewinne, die weder der Steuerpflicht in Polen, noch den Transferbestimmungen unterliegen und mit dem polnischen Partner nicht geteilt werden müssen. Besonders gut funktioniert dies natürlich, wenn der ausländische Betrieb einziger Abnehmer oder einziger Zulieferer für das Joint -venture ist. Doch selbst in andersgearteten Fällen ist es ein leichtes, den ausländischen Betrieb als Zwischenhändler einzuschalten.

Hinzu kommt noch eine Möglichkeit, die ausländischen Investoren im derzeitigen Joint-venture-Gesetz geradezu auf dem Silbertablett präsentiert wird: Ihren Gewinnanteil in Form von Löhnen für ausländische Mitarbeiter zu transferieren. Der Lohnanteil, der an diese in Devisen ausbezahlt wird, wird nämlich von dem transferierbaren Gewinnanteil abgezogen.

Für größere Betriebe, die über die notwendige Infrastruktur verfügen, gibt es auch die Möglichkeit, eine jetzt schon in Polen beliebter werdende Finanzierungsmöglichkeit gewissermaßen „umzuwidmen“ - Leasing. Um ihr Kapital in Polen wegen der wirtschaftlichen Risiken für den Konkursfall möglichst gering zu halten, leasen manche Joint-ventures ihre Ausrüstung im Ausland. Die Leasinggebühren können nach polnischem Steuerrecht voll abgeschrieben werden, im Konkursfall wird das geleaste Gut aus der Konkursmasse ausgesondert und geht ins Ausland zurück. Und wenn die Leasinggebühren entsprechend hoch sind, findet auch auf diesem Weg Kapitalexport statt. Dies gilt in noch größerem Umfang für die Zinsen von Krediten, die Joint-ventures unbegrenzt im Ausland aufnehmen können.

Dies hat den vorteilhaften Nebeneffekt, daß ausländische Investoren ihr Grundkapital niedrig halten können, ohne deshalb auf Investitionsgüter verzichten zu müssen. So ist wohl auch das polnische Phänomen zu erklären, daß selbst größere Firmen mit umfangreichem Maschinenpark nur das Mindestkapital von 50.000 Dollar ins Handelsregister eintragen lassen.

Mit dem Kapitaltransferverbot wird damit genau das Gegenteil dessen erreicht, was beabsichtigt wird: Kapital wird trotzdem - noch dazu unkontrolliert - exportiert und der Gewinn, der ansonsten investiert werden könnte, wird geschmälert. Statt undifferenziert alle Joint-ventures drei Jahre lang von der Gewinnsteuer zu befreien, die sie unter diesen Bedingungen ohnehin nicht zahlen würden, wäre es besser, den Kapitaltransfer zu erlauben und dafür die Steuerbefreiungen auf bestimmte Branchen zu verteilen - ohne Rücksicht darauf, ob es sich bei den Begünstigten um Joint -ventures oder rein polnische Betriebe handelt. Damit würde, so findet die 'Gazeta Bankowa‘ auch jene Wettbewerbsverzerrung beseitigt, die darin besteht, daß beispielsweise ein Hotel mit 20 Prozent ausländischer Beteiligung steuerbefreit ist, ein identisches ohne diese Beteiligung jedoch voll besteuert wird.