Handzahme Frauenpolitik

■ Der gemeinsamen Wahlplattform Die Grünen/Bündnis 90 fehlt jeglicher aufmüpfige Ton

Von Ulrike Helwerth

Berlin (taz) - Die Plattform, auf der die West-Grünen zusammen mit dem Bündnis 90 den gemeinsamen Wahlkampf wagen wollen, hat auch einen „Frauenteil“. Er liegt in seiner endgültigen Fassung der taz vor. Verhandelt und verfaßt wurde er von Vertreterinnen der West-Grünen und des Unabhängigen Frauenverbands der DDR.

Ein kläglicher Kompromiß, der im Tenor den politischen Versatzstücken des Gesamtwerks in nichts nachsteht. Von aufmüpfigen Tönen, feministischer Querdenkerei nicht die Spur. „Wir leben in einer Gesellschaft, die durch das Herrschaftsverhältnis von Männern gegenüber Frauen geprägt ist. Diese Hierarchie benachteiligt Frauen auf allen Ebenen gegenüber Männern. Die bestehende Rollenverteilung läßt Frauen in Beruf, Familie, Politik und Öffentlichkeit eine minderbezahlte und minderbewertete Position einnehmen“, heißt es zum Beispiel in der Einleitung.

Danach folgen die obligatorischen Forderungen: Quotierung, Arbeitszeitverkürzung und bezahlte Freistellung für Eltern, um Frauen und Männern „den gleichen Zugang“ zu bezahlter Erwerbsarbeit und Haus- und Familienarbeit zu ermöglichen. Dabei bleibt noch unerwähnt, wie hart das „unerläßliche Instrument“ Quote sein soll, wo und in welchen Zeiträumen sie greifen muß.

Stattdessen heißt es ganz zahm: „Wir treten dafür ein, daß Frauen und Männer alle Bereiche von Gesellschaft und Politik gleichermaßen gestalten.“ Krönung: “...und (wir) praktizieren dies in den eigenen Reihen.“ So war es denn sicher nur ein kleiner Faux-pas und nicht System, als die UFVlerinnen nach den Volkskammerwahlen von ihrem Bündnispartner, den Ost-Grünen, kurzerhand ums Mandat gebracht wurden.

Zum Thema Gewalt heißt es lapidar: „Es gilt, gewaltbegünstigende Verhältnisse und Lebensbedingungen, angefangen von Stadtplanung, Architektur, Verkehrspolitik über pädagogische Konzepte bis zur Vermarktung des weiblichen Körpers in der Werbung abzubauen. Für die Folgen männlicher Gewalt muß neben dem Täter (strafrechtlich) auch die Gesellschaft Verantwortung übernehmen und Selbsthilfeeinrichtungen für Frauen und Mädchen finanzieren. Vergewaltigung in der Ehe darf nicht straffrei bleiben.“

Weitere Forderungen beziehen sich auf eine gleichberechtigte Anerkennung aller Lebensformen neben der Ehe, „unabhängig von der sexuellen Orientierung“, sowie das „Selbstbestimmungsrecht“ der Frauen, also ersatzlose Streichung des Paragraphen 218, zumindest aber keine gesamtdeutsche Regelung, die hinter die DDR-Fristenlösung zurückfalle. Gefordert wird außerdem „ein gesamtdeutsches Frauenvotum zur Frage des Schwangerschaftsabbruches“. Das war's.