Eine gesamtdeutsche Kandidatur und ihre Folgen

■ Deutsch-deutscher Streit um den Bundesgrünen Udo Knapp

Der Versuch Udo Knapps, eines der streibarsten und umstrittensten grünen Politiker in der Bundesrepublik, für den künftigen Landtag von Sachsen-Anhalt zu kandidieren, hat einen symptomatischen Konflikt ausgelöst.

Der „Republiksprecherrat“ des Neuen Forums beschloß am Dienstag in Ost-Berlin, wegen der strittigen Kanditatenkür in Köthen vom letzten Sonntag die Landesdelegierten am kommenden Wochenende noch einmal eine Art Friedensverhandlung, genannt „Konsensgespräch“ zu führen. Formal wurde eingewendet, laut Satzung sei eine Kandidatur fürs Neue Forum ausgeschlossen, weil Knapp noch Mitglied der Bundesgrünen ist.

In Sachsen-Anhalt versteiften sich insbesondere die Magdeburger hinter dieser Formalität. Sie wollten nicht hinnehmen, daß der Held des November, der „rote Pastor“ Tschiche, in der Stichwahl gegen Knapp verloren hatte. Allerdings hatte in Köthen schon die Mehrheit der Delegierten gemeint, daß die Satzungsklausel „dem Geist der Bürgerbewegung widerspricht“ (Jäschke, Neues Forum Halle).

Von den Gegnern der Kandidatur ließen sich jetzt nur Formeln der Verlegenheit vernehmen. Die Grünen in Sachsen -Anhalt betonten, man habe ohnehin „genügend eigene Leute“. Es gehe hier „ums Prinzip“, daß nur Menschen aus der DDR in der Verbindung „Grüne Liste/Neues Forum“ sich zur Wahl stellen. Auch die Landessprecherin des Neuen Forums, Monika Hinze, wollte „über die Person nichts sagen.“

Andere hatten zuvor schon genug gesagt. Am Montag dieser Woche lagen die Kopien eines Telefax‘ der Grünen von Sachsen -Anhalt, unterschrieben von Ulrich Engel, in den Fächern der grünen Bundestagsabgeordneten: ein Protest von elf Kandidaten der Listenverbindung gegen die Kandidatur und eine Bitte an die Bundesgrünen, „uns von Herrn Knapp zu befreien.“ Er sei nicht „im Territorium verwurzelt“ und eine „Belastung“ im Wahlkampf. Unterschrieben haben angeblich die Neuen-Forums-Kandidaten Monika Scheffler und Tschiche.

„Ein ganz mieses Ding“, wie es die Hallenser finden. Doch schon am Freitag letzter Woche erschien in einem Artikel eines Wolfgang Pauly unter dem Titel „Knapp geschafft“ in der 'Volkszeitung‘ eine Invektive gegen den Mitarbeiter der grünen Fraktion. Bevor die Kandidatenwahl in Köthen stattgefunden hatte, sprach die 'Volkszeitung‘ vom gesamtdeutschen Doppelpaßspiel zwischen Antje Vollmer und Udo Knapp, um die linksalternativen Linken auszuhebeln. Knapp werden „großdeutsche Zungenschläge“ nachgesagt, und es wird von einem „Aufatmen“ der Bundestagsfraktion gesprochen, von ihm endlich befreit zu sein. In derselben Ausgabe konnte der grüne MdB Ludger Volmer ihn noch als Spalter beschreiben, der den linken Flügel der Grünen der PDS zutreiben wolle, damit die rechten Ökoliberalen gewinnen.

Die Hallenser Mitglieder des „Neuen Forums“ waren da unbelasteter: Udo Knapps Offenheit und seine Bereitschaft, sich in der Region zu engagieren, haben überzeugt. Der Hallenser Fraktionssprecher Peter Jäschke meint, man wolle jemanden, der „auch Spaß an der Politik hat“.

Für Udo Knapp ist seine Kandidatur ein „Signal, daß jetzt die Opposition die Einheit herstellt“. Das Argument mit dem „Westimport“ sieht er als Fortsetzung „der alten Abgrenzungspolitik“. Aber es habe „eine neue Geschichte angefangen“ und er kandidiere auch, um dafür einzutreten, daß der „demokratische Impuls der Bürgerbewegung auch in der neuen Republik“ nicht verloren gehe.

KH