Japan schickt Geld statt Truppen zum Golf
Tokio (taz) - Wie ein artiger Schüler, der seinen Hausaufgaben nach langen Mühen erledigt hatte, meldete sich Toshiki Kaifu gestern bei seinem großen Verbündeten George Bush. Am Telefon versprach der japanische Premierminister dem US-Präsidenten die Summe von einer Milliarde Dollar für die US-Aktionen im Golf. Worauf Kaifu seinen Landsleuten wenige Stunden später mit Stolz erzählte, daß Präsident Bush die „schnelle japanische Entscheidung gewürdigt und sich dafür ausdrücklich bedankt habe“. Tatsächlich deuteten die ersten Reaktionen in den USA darauf hin, daß man dort die neue japanische Haltung begrüßt. Doch George Bush weiß bereits, daß dieses Geld womöglich nur das japanische Zuckerbrot war. Denn noch am gleichen Tag holte Tokio zum Peitschenschlag auf Washington aus. Der japanische Notenbankchef Mieno gab die Erhöhung des Leitzinssatzes von 5,25 Prozent auf 6 Prozent bekannt. Mieno begründete die Maßnahme auf die denkbar einfachste Art: mit der drohenden Inflationsgefahr (derzeit 2,9 Prozent). Freilich könnte der Zinsentscheid zum jetzigen Zeitpunkt weit tiefere Folgen für die USA haben als alle denkbaren Tokioter Hilfspakete für die Golfarmee. „Wenn Tokio die Zinsen zu schnell erhöht, wird die Weltwirtschaft vor sehr, sehr ernsten Problemen stehen“, warnte erst am Mittwoch der ehemalige japanische Finanzminister Tomomitsu Oba.
Das Szenario ist bekannt. Steigende Zinsen in Tokio halten japanische Investoren davon ab, Staatsschuldbriefe in den USA zu kaufen, die dann im Vergleich zu japanischen Papieren nicht mehr konkurrenzfähig sind. Damit das Defizit im US -Haushalt weiter finanziert werden kann, müssen dann auch in den USA die Zinsen steigen. In diesem Fall aber ist die Rezession in den USA unausweichlich. Ob dieses Szenario nach den jetzigen Zinserhöhungen bereits greift, bleibt abzuwarten. Die japanische Regierung aber erlaubt es sich unter dem Schutzmantel eines großzügigen Hilfspakets - die wirtschaftliche Zukunft der verbündeten Weltmacht zu gefährden.
Georg Blume
