Bauern verzichten verstärkt auf Klärschlamm

■ Niedersachsen trotzdem noch Spitze im Düngen mit Gift / Neue Klärschlammverordnung kommt

Niedersachsen steht bundesweit an der Spitze der landwirtschaftlichen Kärschlammverwertung: Niedersächsische Landwirte verwenden 62 % des in Niedersachsen anfallenden Klärschlamms (3,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr) als Dünger. Wenn die rund 1.070 niedersächsischen Klärwerke mit der sogenannten Dritten Klärstufe ausgerüstet sind (was derzeit begonnen wurde), dann wird die Klärschlammenge um weitere rund 20 bis 25 Prozent wachsen. Falls der Klärschlamm nicht mehr durch landwirtschatliche Nutzung entsorgt werden kann, wird es zu Engpässen kommen.

Denn viele Organisationen warnen vor den Rückständen der Klärwerke. Das Bundesgesundheitsamt hält die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm „grundsätzlich für bedenklich“. Nach Ansicht des BUND ist der größte Teil des niedersächsischen Klärschlamms so sehr belastet, daß er für die Landwirtschaft nicht geeignet ist: Klärschlammrückstände, wie Schwermetalle oder Dioxine, werden für zahlreiche Erkrankungen verantwortlich gemacht.

Mit Klärschlamm düngen ist allerdings billig: Nach Berech

nungen des Landwirtschafts ministeriums sparen z.B. Bauern im Oldenburger Raum 250 Mark pro Jahr und Hektar sparen, wenn sie anstatt Dünger den kostenlosen Klärschlamm benutzen. Trotzdem nehmen immer weniger Bauern den Klärschlamm.

Hartmut Hoppenworth vom Landwirtschaftsministerium führt dies auf ein gestiegenes Umweltbewußtsein zurück. Außerdem kaufen Großabnehmer, etwa ein Knäckebrothersteller, kein Getreide von Klärschlammfeldern.

Die Sorgen der Bauern sollen nun mit einer Novellierung der Klärschlammverordnung zerstreut werden. In ihr werden im Wesentlichen neue, niedrigere Grenzwerte für Schwermetalle und organische Schadstoffe festgelegt. Bundesumweltminister Töpfer

will die neue Fassung der Klärschlammverordnung von 1982 im Herbst dem Kabinett vorlegen.

Um Bauern vor möglichen Schäden durch den Einsatz von Klärschlämmen zu schützen, wurde 1989 der Klärschlammfonds der Bundesarbeitsgemeinschaft Deutscher Kommunalversicherer gegründet. Finanziert wird der Fonds von kommunalen Klärwerksbetreibern. Die Haftungsfrage regelt ein bundeseinheitlicher Mustervertrag, den Abgeber und Abnehmer unterzeichnen. In Niedersachsen hat der Landvolkverband einen Zusatz ausgehandelt. Demnach verpflichten sich die Klärschlammabgeber zu umfangreichen Untersuchungen.

Von den Lösungsvorschlägen scheint das „Alfelder Modell“ am bestechendsten. Danach wird getrockneter Klärschlamm zu Straßenbelag verarbeitet. Eine Verwendung dafür gibt es schon. Klaus Eggerking vom Umweltministeriumm in Hannover: „Wenn alle nach einem Winter entstandenen Schlaglöcher mit dem Alfelder Bitumen ausgebessert werden, dann hätten wir kein Problem mit der Klärschlammentsorgung“.

Hans-Edzard Busemann