786 Zugmaschinen über Bremen für den Irak

■ Kampagne „Stoppt den Rüstungsexport“ konnte die Verschiffung 1982 mit einer Anzeige nicht verhindern

Thorsten Maass, einer der alternativen Rüstungsexport -Kontrolleure der Region, hatte sie 1982 mit eigenen Augen erspäht. Zuerst beim Zweigwerk der „Faun AG“ in Osterholz -Scharmbek. Später dann beim Verladen im Neustädter Hafen und in Bremerhaven. Was er in Augenschein genommen hatte, waren Teillieferungen von insgesamt 786 „Zugmaschinen“ der Marke „Faun“, hergestellt im Nürnberger Hauptwerk der „Faun AG“, sowie von den dazugehörigen „Aufliegern“, hergestellt von der Firma „Blumhardt“ in Wuppertal. Die Zugfahrzeuge, die vor der Überfahrt nach Irak im Osterholzer Zweigwerk von „Faun“ gewartet wurden, hatten sandfarbenen Tarnanstrich, im Dach der Führerkabinen machte Thorsten Maass Schießluken aus. Für den Rüstungsexport-Spezialisten Maass war offensichtlich: Er hatte es hier nicht schlichtweg mit „Zugmaschinen“ und „Aufliegern“ zu tun, sondern mit „Panzertransportern“. Dieser Verdacht bestätigte sich für ihn, als er die „Referenzliste Panzertransporter“ der Firma „Rotzler GmbH & Co“ (Sitz in Steinem)

zugespielt bekam. Diese Firma hatte für die Faun AG 1982 „Spezialseilwinden“ geliefert und zwar nicht für neutrale „Zugma

schinen“, sondern schwarz auf weiß „für 786 Faun -Panzertransporter für den Irak im Jahr 1982“. II

Thorsten Maass erstattete Anzeige bei der Staatsanwaltschaft und bei der Zollfahndung. Doch die Ermittlungen wurden bald eingestellt. Begründung: Das Exportieren von „Faun„ -Zugmaschi- nen der Marke „HZ40.45/45W“ brauche keine Ausfuhrgenehmigung. Sondern sei völlig legal. Diese „Zugmaschinen“ seien ebensowenig wie die zugehörigen „Auflieger“ „für militärische Zwecke spezialkonstruiert“. Dies bestätigte der Sprecher des Bundesamtes für Wirtschaft, das für die Ausfuhrgenehmigungen zuständig ist, gegenüber der taz. Der Sprecher zitierte aus den

Vorschriften: „Allein die gute Eignung eines Fahrzeugs für den Militärbereich begründet noch keine Ausfuhrgenehmigungspflicht.“ Das sei eben das Problem beim „dual use“, wenn Güter sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke einsetzbar seien: „Es bleibt dem Verwender unbenommen, für welchen Zweck er das Gut benutzt.“ Und Tarnfarbe jedenfalls sei kein hin

reichendes militärisches Merkmal, das aus einem zivilen eindeutig ein militärisches Gut mache.

III

Einer Ausfuhr der „zivilen Güter“ stand demnach nichts im Wege. Die 786 „Zugmaschinen“ und „Auflieger“ wurden über bremische Häfen in den aufrüstenden Irak verschifft.

IV

Acht Jahre später, in der Nacht zum 1. August 1990, überfiel der Irak sein Nachbarland Kuwait. Nicht nur bremische RüstungsexportgegnerInnen konnten im Fernsehen der blutigen Invasion zugucken. Wer genauer hinsah, entdeckte auf WDR -Bildern „Zugmaschinen“ der Marke „Faun“ und „Auflieger“ der Marke „Blumhardt“. Sie fuhren für die irakische Armee und transportierten Panzer nach Kuwait. Man/frau hätte sie fast für Panzertransporter halten können.

IV

Die Kampagne „Stoppt den Rüstungsexport“ arbeitet weiter. Thorsten Maass auch: „Aber es ist frustierend, wie dreist die Herren in den weißen Westen sind.“

Barbara Debus