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Knackis sollen unter sich feiern

■ Knastchef Hoff ohne Durchsetzungsvermögen: Belegschaft gegen Sommerfest

Wenn die knapp vierhundert Häftlinge der Justizvollzugsanstalt Bremen-Oslebshausen am 23. September ihr Sommerfest feiern, dann hat das mit der ursprünglichen Idee der Initiatoren nichts mehr zu tun. Das ist das Ergebnis einer Diskussion, zu der die Redakteure der Knastzeitung Diskus am Donnerstag abend die Knastleitung und den Senator für Justiz eingeladen hatte.

Die Redakteure des Diskus hatten ursprünglich vorgeschlagen, an einem Tag im Sommer die Knast-Türen ein kleines Stück zu öffnen - nicht für die, die drin sitzen, sondern für deren Angehörige. Doch die Idee traf bei den im Knast Beschäftigten auf wenig Gegenliebe. Knastleiter Hans -Henning Hoff: „Wir sehen das Sicherheitsrisiko so groß, daß wir das nicht eingehen wollen.“ Übrig geblieben ist ein Fest anläßlich des 20. Geburtstages der Gefangenenzeitung Diskus, zu dem ehrenamtliche Vollzugshelfer ein

geladen werden dürfen. Hoff: „Eine Entscheidung, die ich voll mittrage.“ Eine Entscheidung aber auch, die Hoff sich durchaus hätte anders vorstellen können. Denn für den neuen Knastleiter ist dieses Ergebnis eine Niederlage. Die Hintergründe erläuterte Hoffs Stellvertreter Horst Oetting den Gefangenen: „Hoff hat sich bemüht für seine Vorstellungen eine Mehrheit zu bekommen. Das ist ihm nicht gelungen. Die Männer an der Front waren einhellig dagegen.“ Und auch der Leiter des Allgemeinen Vollzugsdienstes, Manfred Schellhammer, sprach Klartext: „Wenn die Belegschaft sagt, nur unter bestimmten Bedingungen, dann ist ein Anstaltsleiter gut beraten, das so zu tun.“

Einmütige Begründung der Festverhinderer: Der Drogenhandel hinter Gittern. Jürgen Hartwig, persönlicher Referent des Justizsenators: „Wir wissen genau, daß Besucher hier etwas

'reinschmuggeln. Und dann kommen Sie und sagen 300, 400, 500 Leute 'rein!“ Und Hoff wandte ein, daß Bremen mit solchen Festen im Gegensatz zu Hamburg keine Erfahrung habe. In Hamburgs Knast wird nämlich seit 18 Jahren einmal jährlich ein Fest mit Angehörigen durchgeführt, nach Auskunft des dortigen Knastchefs mit viel Erfolg und ohne große Probleme.

„Wieso schafft Hamburg das und Bremen nicht?“, wollte denn auch ein Gefangener wissen. Antwort Hoff: „Der Druck auf die Gefangenen, keinen Unsinn zu machen, ist dort größer. Dort gibt es mehr Langstrafen.“ Antwort des Gefangenen: „Dann wäre doch der Umkehrschluß logisch, weil die nichts zu verlieren haben.“ Ihren entschiedensten Befürworter fanden die Gefangenen im Pädagogischen Dienst der Anstalt, allerdings nicht im amtierenden, sondern im pensionierten. Während die jetzt für pädago

gische Betreuung Zuständigen nicht einmal gekommen waren, ereiferte sich der ehemalige Leiter: „Wenn von Seiten der Insassen Aktivitäten kommen, darf man das nicht abblocken. Das Rauschgift kommt doch so oder so 'rein.“

Wenn jetzt am 23. Septemeber das kleine Fest stattfindet, dann soll das im wesentlichen genutzt werden, um die Selbsthilfegruppen der Gefangenen vorzustellen. Meinte ein Gefangener aus einer solchen Gruppe skeptisch: „Von 400 Gefangenen sind doch nur 40 an den Gruppen interessiert. Die anderen sind doch nicht aus ihrem Mauseloch zu bekommen.“ Ob eine kleine Minderheit überhaupt mitfeiern darf, bleibt fraglich. Antwort von Knastleiter Hoff, auf die Frage einer Insassin, ob die weiblichen Gefangenen teilnehmen dürfen. Grundsätzlich sei er dafür, aber: „Es ist noch nicht entschieden.“

Holger Bruns-Kösters

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