„Lieber nach Mailand als nach Leipzig“

■ Frankfurts Kulturdezernentin fremdelt mit der DDR

Frankfurt (taz) - Es falle ihr schwer, Chancen in der deutsch-deutschen Entwicklung zu sehen, meinte die frischgebackene Kulturdezernentin der Bankenmetropole Frankfurt am Main, Linda Reisch (SPD), auf einer vom Goethe -Institut inzenierten Podiumsdiskussion zum Thema. Frau Reisch fährt nämlich „lieber nach Mailand als nach Leipzig“, denn mit der DDR „fremdele“ sie mehr, als mit jedem anderen Land auf der Welt.

Das interessierte ihren Vorgesetzten, den Oberbürgermeister Volker Hauff (SPD), nur wenig. Der Schwabe Hauff rüffelte seine Dezernentin öffentlich, denn die Städtepartnerschaft zwischen Frankfurt und Leipzig habe eine „hohe symbolische Bedeutung“. Schließlich habe die Revolution im anderen Teil unseres Vaterlandes in Leipzig begonnen. Die in Deutschlandeuphorie schwelgende Union hat den Oberbürgermeister inzwischen aufgefordert, die in Milano verliebte Kulturdezernetin umgehend zu entlassen. Doch solange sich diese Herrn zum Lunch kein Leipziger Allerlei hineinwürgen, um die klaffende Glaubwürdigkeitslücke zu schließen, verhallt ihre Kritik an „Metropolen-Linda“ ungehört in den Häuserschluchten der Großstadt. „Sempre Italia“ heißt dort nach wie vor die Losung, vor allem bei den Gourmets in der City. Schließlich geht man „zum Italiener“ essen und nicht „zum Zoni“.

Klaus-Peter Klingelschmitt