Nicht schon wieder: Schuld

■ In Alt-Hastedt beiseite gedacht: Wozu ist das veraltete Christentum gut?

Ist so'ne nette Backsteinkirche, die Alt-Hastedter. Ist so'n netter Pastor. Fängt mit der Inntalbrücke an und daß die Fundamente nicht rutschen dürfen.

Und da weiß man's schon wieder: Heißt Inntalbrücke, ist aber bestimmt wieder das liebe Jesulein. Und richtig: Auf ihn sollen wir unsere Schuld werfen, er trägt sie für uns, das gute Fundament.

Frau hört's und ist verstimmt. Habe noch mit der Schuld von König David vom letzten Sonntag zu kämpfen. Dessen Schuld macht noch das Kind, das er zeugt, tot, obwohl der Mann sieht und sagt, daß er Schuld hat. Das ist gemein, das Baby kann ja für nix. Aber klug gedacht ist das schon, daß wir oft in dem Schuldgesticke der Eltern keine Luft mehr kriegen und eingehen. Ist ja überhaupt vieles nicht dumm in der Bibel. Aber bitte nicht schon wieder Schuld zum Sonntagmorgen.

Immer, wenn man in die Kirche kommt, geht es um Schuld, wenn es nicht um Angst geht. Entlasten soll das, aber Schuld hin

-Schuld her, als Programm ist das einfach tödlich.

Und: ist es nicht alles 19. Jahrhundert? Haben nicht Freud und seine NachfahrInnen den Job übernommen, die Schuldgespenster unter unseren Teppichen hervorzuholen und sie sichtbar zu machen und zu zähmen? Dieses Christentum, das war ja fast zweitausend Jahre nützlich, setzte die Meßlatte, was wir tun und lassen sollen, ganz hoch. Ehebrechen dürfen wir nicht, töten nicht, lügen nicht, gegen Angriffe zur Wehr setzen nicht, die andere Backe sollen wir auch noch hinhalten, sollen alle unsere lästigen Nächsten lieben und unsere beschwerlichen Selbste eh. Klar, daß das niemand hinkriegt. Aber dafür ist dann ja das Evangelium da, das sagt: Macht nichts, wirf's auf Christus und try again.

Ohne Flax, ich denke, damit ist dieser christlich-jüdische Kulturkreis ganz schön weit gekommen. Aber jetzt, da gibt es doch wirklich feinere, individueller zielende Instrumentarien, mit den „Schuld„-Folgen dieser großen Anstrengung klarzu- kommen. Die Psychotherapien eben. Sind die Kirchen nicht wirklich veraltet? Und jetzt kriegen wir noch diese ganzen ProtestantInnen von drüben dazu. Werden bald in einem Land mit eindeutiger protestantischer Mehrheit leben. Und die drüben sind ja noch ganz anders drauf.

Der Wolfgang Ullmann z.B. will religionsgeschichtlich belegen, daß das Häresie ist, was die CDU als Christentum vertritt. Weil sie Macht und Reichtum verherrlicht. Wär's nicht besser, davon auszugehen, daß Macht und Geld nicht immer und alles verderben und endlich den selbstverständlichen Umgang damit zu lernen.

Was schön wär, wär ein bißchen Auseinandersetzung mit diesen Altmodikern.

Uta Stolle