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■ Lustmachender Auftakt des „Women in (E)Motion„-Festivals in der Schauburg

Warum der Abend als „Eröffnungsfest“ tituliert worden war, weiß der Teufel. Die VeranstalterInnen hatten auf jegliche Moderation verzichtet. So wurde der Sonn-Abend trotz der lieblosen Präsentation ein vielversprechender Einstieg in die Konzertreihe, die sich der Rolle und Bedeutung von Musikerinnen in der Entwicklung der afroamerikanischen Musik widmet.

In dem Film „Wild Women Don't Have The Blues“ (nach einem Song von Ida Cox), wird die Popularisierung des Blues im Jahrzehnt nach dem 1. Weltkrieg nachgezeichnet. ProtagonistInnen dieser Entwicklung waren legendäre Bluessängerinnen wie Ma Rainey, Bessie Smith, Ida Cox oder Alberta Hunter. Durch alte Filmausschnitte und Interviews wird die Geschichte dieser großen Sängerinnen erzählt. Das sind keine vom kometenhaften Aufstieg zu Starruhm, sondern von endlosen Tourneen, harter Arbeit und immer wieder von Rassismus. Ein unbedingt sehenswerter Streifen, nicht zuletzt durch die launigen Erinnerungen

von noch lebenden VeteranInnen dieser Zeit. (9.-13.9. 22.00 Kl.Schauburg)

Bei der folgenden Lesung hatte Anne Rottenberger (Radio Bremen) leichtes Spiel. Geschichten von Alice Walker können nur begeistern. Die Erzählung „Neunzehnhundertfünfundfünfzig“ beschreibt aus der Sicht der Sängerin Gracy Mae Still, gemeint ist Big Mama Thornton, wie der junge weiße Rock'n'Roller Traynor (Elvis Presley) durch die Interpretation eines ihrer Songs berühmt wird. Ein sarkastischer

Prosa-Blues über die Enteignung schwarzer Musik. (Enthalten in der lohnenden Walker-Anthologie „Freu Dich nicht zu früh. 14 radikale Geschichten“, Goldmann TB 9640)

Höhepunkt des Abends war zweifellos Rita Warfords „Womansong“, ein „musikalischer Tribut“ an große Jazzsängerinnen. „Womansong“ zeichnet die weiblichen Stationen afroamerikanischer Musik nach. „Am Anfang war die Stimme...“, die Stimme der freien afrikanischen Frau, wie sie im „Gesang für Os

hun“ (der westafrikanischen Göttin der Liebe und Lust) zu hören war. Es folgte die Stimme der versklavten schwarzen Frau, die ihrer Hoffnung auf Freiheit im gospeligen „Ain't gon‘ let no grave hold my body down“ Ausdruck verleiht. Musikalische Kurzportraits von Ma Rainey über Billie Holiday bis Abbey Lincoln setzten die Linie fort bis zum selbstbewußten, die Avantgarde einbeziehenden Selbstportrait der Sängerin Warford. Rita Warford versucht nicht, die verschiedenen Sängerinnen, die sie vorstellt, zu imitieren. In kurzen poetischen Überleitungen gibt sie Stichworte zum musikalischen und sozialen Hintergrund der einzelnen Frauen. Ihre Charaktere werden durch Gesten und Mimik veranschaulicht. „Womansong“ bietet eine mitreißende Reise durch die Geschichte. Begleitet wurde Rita Warford von Jodie Christian am Piano, der sich als ebenso einfühlsamer wie vielseitiger Partner erwies. „Womansong“ sollte sich keine/r entgehen lassen. Farin

Bis 6.9., 22.00h, Schauburg

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