Klaus Wedemeier: „Ich bin kein Feigenblatt“

■ Der Senatspräsident über Kunst, Kommerz, ein nicht geschenktes Museum und einen befreundeten Investor

Mitte August verbreitete der Bremer Investor Hans Grothe (Asia Trade Center, Plazahotel) öffentlich, auf Wunsch von Senatspräsident Klaus Wedemeier wolle er seine Kunstsammlung samt Museum für Bremerhaven stiften. Das Museum will Hans Grothe auf 6 Hektar Land im Zentrum Bremerhavens stellen, die er denkt, umsonst von der Stadt zu kriegen, und plant weiteren Immobilienerwerb in Bremen(vgl. taz vom 29. und 31.8.)

taz:Sind Sie eigentlich glücklich darüber, wie diese Geschichte mit Hans Grothes Museumsschenkung in der Öffentlichkeit gelaufen ist?

Klaus Wedemeier:Na ja, glücklich nicht. Es wäre gut gewesen, mehr Zeit zu haben. Aber, Journalisten sind eben manchmal sehr pfiffig und kriegen Dinge sehr schnell raus, und dann muß man mit den Fakten auf den Tisch.

Dadurch, daß im Hintergrund Grundstücksinteressen auftau

chen, bekommt die Sache so ein gewisses Geschmäckle.

Das sind zwei Dinge, die nichts miteinander zu tun haben. Herr Grothe ist ja ein Unternehmer, der ganz bewußt vor ungefähr einem Jahr nach Bremen gezogen ist, weil er sich hier in Bremen mehr engagieren will, als er es bisher getan hat. Und bei den Vorhaben, die er in Bremen hat, steht er ganz normal in Konkurrenz zu anderen, wenn die ihre Planungen auf das gleiche Vorhaben abstellen. Ich bin aber der Meinung, daß wir Unternehmern, die sich für Bremen engagieren, auch Möglichkeiten geben sollen, wenn das in unsere eigenen Planungen und Gedanken paßt.

Es wär‘ ja borniert, etwas gegen einen interessierten Investor an sich zu haben. Aber so ein Museumsgeschenk kann ja die Konditionen zukünftiger Grundstücksgeschäfte bestimmen.

Also, ein Geschenk wird das auf keinen Fall sein. Solche Grund

stücksverkäufe, wenn denn welche stattfinden, müssen ja ohnehin durch den Grundstücksausschuß beschlossen werden. Wenn es sich um Wirtschaftsförderungsmaßnahmen handelt, müssen das die Wirtschaftsförderungsausschüsse beschließen. Insofern geschieht das alles im Lichte der Öffentlichkeit, und es wird deutlich werden, daß hier keine Bevorzugung stattfindet. Wir sind ja überhaupt erst über die Gespräche hinsichtlich Grothes Engagements hier in Bremen auf die Möglichkeit eines Museums gekommen. Als er das beiläufig erwähnte, daß er seine große Kunstsammlung in Bonn unterbringen will, da habe ich gesagt: Das geht nicht.

Seit wann interessieren Sie sich denn so brennend für die zeitgenössische Moderne, für die in Bremen ja bereits ein Museum aufgebaut wird?

Es gibt ein Museum in Bremen, sehen Sie, und das ist das, was

mich manchmal an Bremer Politikern ärgert, daß Sie meinen, es müsse sich alles in Bremen konzentrieren. Es gibt in der Bundesrepublik Beispiele dafür, daß ein Museum mit einer solchen hochwertigen Kunstsammlung auch in einer anderen Stadt als in einer Großstadt mit 500.000 Einwohnern erfolgreich arbeiten kann. Ich habe ja grade, weil in Bremen das Neue Museum Weserburg gebaut wird, Herrn Grothe nie Bremen, sondern gleich Bremerhaven vorgeschlagen. Weil Bremerhaven eben eine solche Attraktion nicht zu bieten hat.

Aber es sieht ja sehr so aus, als hätten nicht Sie einen Standort vorgeschlagen, um die kulturelle Struktur in Bremerhaven zu verbessern, sondern als hätte Herr Grothe den Standort gewählt, weil er zu seinen Grundstücksinteressen paßt.

Da verstehe ich jetzt die Frage nicht. Er hat ja Grundstücks

interessen in Bremen und nicht in

Bremerhaven. Nein, in Bremerhaven gibt es umgekehrt ein Interesse des Wirtschaftssenators, dort ein Nord- und Osteuropäisches Handelszentrum zu errichten. Da ist Herr Grothe schon vor langer Zeit gefragt worden, ob er als Investor infrage kommt, weil er auch in Bremen das Trade Center baut. Das ist aber schon sehr lange her. Ich glaube, daß sich ein solches Museum hier in Bremen mit der Kunstlandschaft nicht vertragen hätte. Wir können nicht das Neue Museum Weserburg bauen - da ist Herr Grothe ja auch Mitstifter - wir haben die Kunsthalle, da hätte ein solches Museum nicht hingepaßt. Außerdem muß man sich als Präsident des Senats, der für beide Städte zuständig ist, auch Gedanken darüber machen, wie man in Bremerhaven das Kultur und Kunstleben beleben kann. Deshalb bin ich auf die Idee gekommen.

Ich habe gehört, daß die Idee, das Museum in Bremerhaven auf

Rickmers anzusiedeln, von Herrn Grothe gekommen ist.

Die Sache ist so gelaufen, daß er mir gegenüber, ich glaube, es war im Mai, von der Sammlung gesprochen hat, als wir über ganz andere Dinge sprachen. Und da habe ich ihm gesagt: Das geht nicht, eine solche Sammlung bringt ein Bremer nicht an den Rhein, und habe ihm Bremerhaven vorgeschlagen. Und dann ist er nach Bremerhaven gefahren und hat dort die Gespräche geführt, und das bestätigt auch Herr Grothe so. Aber es ist ja eigentlich egal, wer der Urheber dieser Idee ist. Hauptsache ist, daß das Museum nach Bremerhaven kommt.

Es hat aber den Anschein, als würde Herr Grothe eher Sie als Feigenblatt benutzen, als daß Sie ihn gebeten hätten, doch seine Kunst hier auszustellen.

Mich kann niemand als Feigenblatt benutzen. Ich bin keins.

Interview: Uta Stolle