Ein Auto muß leben können

■ Allerwelts-Borgward-Süchtige feierten 100. Geburtstag von Carl F.

Jetzt haben sie schon am Sonnabend für den alten Carl F. Borgward eine Bronzeplakette auf dessen alten Werksgelände enthüllt, in Sebaldsbrück, wo heute Mercedes produziert. Haben einen Corso durch die Stadt gemacht, haben ihre Karossen und Kreuzer und Lloyd-Leukoplastbomber unter die Richard-Boljahn-Zinken der Stadthalle chauffiert. Sind zwei Tage durch Kunststoff-Leder und Plüschsitze gekrochen, haben Ersatzteile befingert und Gullileisten betastet, und sie haben immer noch nicht genug.

Die Borgward-Fan-Gemeinde ist angereist zum „Welttreffen“, denn der alte Carl F. hätte in diesen Tagen 100. Geburtstag feiern können. Auch die Kriegsgräberpfleger erinnerten sich an ihn und brachten Blumen zum Friedhof Osterholz.

„Irgendwo muaß a Bewegunsstelln rein. Zu steif darf ma net baun, ein Auto muß leben könna.“ Der hier kommt aus der „Entwicklung von Audi“ und erläutert, wie er aus der weißen Isabella Coupe ein Isabella Coupe Cabrio gemacht hat. Die bayri

sche ist nur eine der vertretenen Nationen, neben den Stullen hinter den Isabellas und Hansas wird geschwyzerdütscht, geöstreichert, geengländert, geholländert, französisch reden auch welche.

Vor allem: Sie reden immer noch, nach zwei Tagen sind diese Fans noch immer süchtig nach Mitteilungen über Keilriemen und Vergaser und: Wie kommen die Heckflossen da in das rotschillernde Isabella Coupe? Frauenrunden - „so lange, wie er nicht an mein Portemonnaie geht, ist

mir das egal“ - runden das Bild.

Die ersten brechen auf, aus einem winzigen Lloyd 600 scheinen 600 Gesichter zu blicken. Die Hansa Pullmanns und Lloyds sind hier die Exoten. Beim Welttreffen hat man stattdessen den Eindruck, als hätte der alte Carl F. eigentlich nur Isabella Coupes gebaut: Manchmal Träume von einem Auto. In zweierlei Zartgrün zartmetallen gespritzt, schöner als jeder Jaguar. Kam mal aus Bremen. Einmal noch anfassen, auf Wiedersehen beim nächsten Treffen.

U.S.