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Wg. Giftgas: Weg auf den Zeltplatz?

■ GEW fordert: „Kinder evakuieren“

Die Giftgaszüge, die zwischen dem 6. und 19. September auf dem Weg nach Nordenham durch Bremen rollen werden, sorgen in Bremer Schulen tagtäglich für mehr Verunsicherung. Sollen Elternteile und LehrerInnen mit den Kindern wegfahren, um der Todeszone von 10 bis 40 Kilometern zu entkommen? Ist es priviligiert, individuelle Lösungen zu suchen und sich auf eine Nordseeinsel zu verziehen? Warum sollen nur LehrerInnen Anträge auf Sonderurlaub stellen dürfen, die Hausmeister und Schulsekretärinnen aber nicht? Während auf Elternabenden und in Lehrerzimmern noch diskutiert wird, hat die Bremer Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Freitag einen späten Vorstoß gemacht. In einem offenen Brief fordert sie Henning Scherf „als Bildungssenator und überzeugten Pazifisten“ auf, „für eine Evakuierung wenigstens der Kinder und Jugendlichen aus der Todeszone von 40 km entlang der Transportstrecke durch Bremen zu sorgen“.

Besorgt sind Eltern in der Schule Lessingstraße, da viele direkt am Bahndamm wohnen. Marlis Koke, Elternsprecherin in der 3c: „Einzelne Eltern haben bei mir angerufen und gefragt, ob ich wegfahren würde. Ich war dafür, eine gemeinsame Lösung zu finden.“ Auf einer Elternversammlung war die Resonanz dann aber gering gewesen. Einige Mütter und Väter erklärten sich bereit, ein Haus auf einem Zeltplatz bei Worpswede anzumieten. Dort gebe es 30 Schlafplätze, so daß jedes Kind die Möglichkeit habe, mitzukommen.

Bei den älteren Kindern sind es nicht die Eltern, sondern die SchülerInnen selbst, die die Initiative ergreifen. Die Klasse 9R in der „Schaumburger Straße“ hat sich entschieden, geschlossen auf einen Zeltplatz zu fahren, die Lehrerin will mitkommen. Eine andere, ebenfalls besorgte Lehrerin: „Das gehört für die gesamte Bevölkerung in die Diskussion. Nicht, daß die Lehrer abhauen, ihre Kinder mitnehmen und der Rest muß bleiben.“

B.D.

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