„Unsere Zivis sind Schwarzarbeiter!“

■ Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße: Personalrat boykottiert Arbeitsbeginn

Als illegal bezeichnet der Personalrat des St.-Jürgen -Krankenhauses die Einstellung von 15 neuen Zivildienstleistenden, die gestern ihren Dienst aufnehmen sollten. Deshalb konnten die Zivis sich zwar vorschriftsmäßig zum Dienst melden, die Arbeitsaufnahme wurde ihnen jedoch von der Personalvertretung verwehrt. Böse waren die staatlich anerkannten Kriegsdienstverweigerer darüber nicht, denn man zieht durchaus an einem Strang. Zivis und Personalrat geht es zum einen um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der billigen Krankenhaushilfskräfte, zum anderen um die politische Diskussion eines sinnvollen Einsatzes von Zivis.

Aus drei Gründen bezeichnete Bernd Siebein, stellvertretender Personalratsvorsitzender von St. Jürgen, die Beschäftigung der neuen Kriegsdienstverweigerer als nicht rechtmäßig: 1. Der Personalrat wurde von der Mitbestimmung über die Besetzung der Stellen ausgeschlossen; 2. die Zivis werden anders eingesetzt, als beim Bundesamt für Zivildienst angegeben, nämlich vielfach nicht in der Krankenpflege, sondern zum Beispiel im Fahrdienst oder als Pförtner ; 3. die Richtlinien für den Einweisungsdienst von Zivis werden nicht eingehalten.

Was das in der Praxis bedeutet, berichtet Zivi-Sprecher Oliver Laudeur: Ein neuer Zivi läuft lediglich ein paar Tage mit seinem Vorgänger mit, dann soll er fit sein für den hektischen Krankenhausalltag. Mittlerweile hat die Krankenhausleitung eine zweitägige Einführung bewilligt, die

Ulrich Finckh von der „Zentralstelle für Recht und Schutz der Zivildienstleistenden aus Gewissensgründen“ als Skandal bezeichnet. Einen Tag Belehrung über Rechte und Pflichten von Zivis und einen Acht-Stunden-Kompakt-Kurs über Krankenpflege und Ablauf des Krankenhausalltags hält nicht nur Finckh für einen schlechten Witz. Personalrat und Zivis fordern eine vierwöchige Einführung. Erst danach sollen die Zivis zum Dienst am Krankenbett eingesetzt werden dürfen.

Im Krankenhaus Bremen Ost wurde zwischen Personalrat und Krankenhausleitung bereits ein Konzept abgestimmt, das diesen

Forderungen Rechnung trägt. Bremen-Ost-Personalrat Alfred Lorenz hält es für „ein Unding“, daß die Leitungen der anderen Krankenhäuser sich dem widersetzen: „Maßgebliche SPD -Politiker wie Ernst Waltemate und Hans Koschnik setzen sich in Bonn für einen qualifizierten Einweisungsdienst ein und im SPD-regierten Bremen wird die Gesetzesnovelle unterlaufen“. Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger will von illegalen Zuständen bei der Beschäftigung von Zivis in St. Jürgen nichts wissen. Alles sei bestens mit mit dem Bundesamt für Zivildienst abgestimmt, so die Senatorin. Das hält auch der Personalrat von St-jürgen für mög

lich: „Das Bundesamt ist darüber ( den zweckentfremdeten Einsatz von Zivis und die mangelhafte Einführung) informiert, drückt aber wissentlich beide Augen zu“, behauptet der Personalrat in einer Presseerklärung.

Durch die Boykottaktion soll die Krankenhausdirektion zum Handeln bewegt werden. „Wenn uns die Mitbestimmung über die Zivistellen wieder zugestanden wird und Gespräche über eine qualifizierte Einführung in Gang kommen, haben wir nichts dagegen, wenn die Zivis ihre Arbeit aufnehmen“, erklärt Siebein. Solange weden die Jugendlichen im Personalratsgebäude mit Kaffee und Kuchen versorgt.

asp