„Wir können der SU nur den Weltmarktpreis anbieten“

■ Der Leiter des RGW-Handels der Buna AG, Ulrich Bartz, über die Lieferungen an die Sowjetunion, mögliche Dreiecksgeschäfte und die Pipeline in die BRD

taz: Die Buna AG hat Exportsubventionen verlangt und bekommen, um die Verkäufe in die Sowjetunion finanzieren zu können. Wann hat sich herausgestellt, daß nachgelegt werden muß?

Ulrich Bartz: Wir haben unsere langfristigen Abkommen, die für den letzten Fünfjahreszeitraum gelten, und die Verträge für das laufende Jahr. Nun gibt es die Notwendigkeit, die auch von der Bundesregierung ausgesprochen worden ist, die unsererseits eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Wir haben sofort nach der Bekanntgabe der Regelungen damit begonnen, die Rechnungen bezüglich der Kosten durchzuführen, die sich aus dem Rubelkurs von 2,34 D-Mark ergeben. Daraus haben wir abgeleitet, daß wir 59 Millionen D-Mark zur Stützung brauchen, um die Exporte in die Sowjetunion verlustfrei realisieren zu können. Wir haben im Juli einen entsprechenden Antrag gestellt, und in einer recht unbürokratischen Weise haben wir noch im gleichen Monat die Bestätigung bekommen, daß wir von den 59 Millionen etwa 60 Prozent erhalten. Damit können wir die Exporte realisieren.

Ihre Verträge für 1990 haben Sie unter Dach und Fach...

... und für 1991/95 müssen wir neu verhandeln.

Rechnen Sie tatsächlich damit, daß es im Rhythmus des Fünfjahresplanes weitergeht?

Naja, das läßt sich so nicht sagen. Das Problem ist, daß die Sowjetunion natürlich auf unsere jahrzehntelange Zusammenarbeit baut und - das haben sie auch erklärt - in Zukunft Partner sein wird. Sicher ist, daß wir zum Rubelkurs von 2,34 D-Mark nicht weitermachen können. In Zukunft können wir nur zu Weltmarktpreisen verkaufen. Inwieweit da durch höhere Instanzen Forderungen erhoben werden, aus politischen Gründen oder unter dem Aspekt der Sanierung der DDR -Industrie weiterzumachen - darüber wird man nachdenken müssen.

Da kommen Sie doch in Teufels Küche. Auch ein Weltmarktpreis hat gewisse Margen. Sie können doch mit der Sowjetunion relativ billig abschließen. Und wenn von der politischen Seite her die Fortsetzung des Osthandels gewünscht wird, kommt dann das Geld aus dem Steuersäckel?

Nein, es gibt bestimmte Spielregeln. Mit den sowjetischen Importfirmen wurden regelrechte Preisverhandlungen auf der Basis der Preise der letzten fünf Jahre geführt. Wegen dieses Zeitraums ergab sich eine gewisse Abschwächung der extremen Preisbewegungen.

Die Zeiten sind vorbei.

Der Preisbildungsprozeß hat aber damit eine objektive Grundlage. Jetzt können wir der Sowjetunion nur den Preis anbieten, den wir vergleichsweise auf dem westeuropäischen Markt erzielen. Die sowjetische Seite sagt dann entweder, daß sie auf Rubelbasis handeln will, oder sie akzeptiert den DM-Preis.

Glauben Sie, daß Sie im nächsten Jahr die Transferrubel noch in irgendeiner Bank in D-Mark gewechselt bekommen?

Es gibt auch die Möglichkeit, auf Barterbasis zu verkaufen. Warenlieferungen werden dann gegenseitig bewertet und in Werthöhe ausgetauscht. Hierfür gibt es Bestrebungen im Bereich des Ministeriums für Wirtschaft.

Das, was die Sowjetunion in großem Maßstab liefern kann, ist Rohöl. Halten Sie ein Dreiecksgeschäft für wahrscheinlich: Erdöl aus der Sowjetunion für das PCK Schwedt, Schwedt liefert petrolchemische Produkte an Sie, und Sie liefern in die Sowjetunion?

Warum nicht? Das müssen wir kalkulieren. Im Grunde ist es durchaus möglich, wenn ich aufgrund des Bartergeschäftes Rohöl, Polystyrol oder eine Kautschuk-Type wesentlich preisgünstiger aus den SW-Ländern (Länder des sozialistischen Währungsgebietes) bekomme. Es ist ja bekannt, daß die SW-Länder ihre Grundstoffe billiger anbieten.

Da kommt Ihnen aber Herr de Maiziere in die Quere. Er fordert, daß die anderen RGW-Länder ihre Subventionen gefälligst auch abbauen sollen, damit die DDR-Exporte nicht benachteiligt werden.

Das ist sicherlich richtig. Aber die Situation ist ja dann auch nicht anders als für jedes westliche Land. Die Frage ist, zu welchem Preis uns die Sowjetunion die Waren anbietet.

Da gibt es die Pipeline „Freundschaft“, die in Schwedt ankommt. Die DDR ist bisher nicht an das westliche Pipelinesystem angebunden. Was ist, wenn die SU nun sagt: „Ihr seid uns zu teuer“, oder „Wir bekommen für das Öl zu wenig Waren, deswegen liefern wir Euch weniger“? Damit sind Sie, was die Bartergeschäfte angeht, in einer relativ schwachen Position, wenn es Ihnen nicht gelänge, eine Pipeline nach Westdeutschland zu legen.

Sie gehen davon aus, daß hier gegeneinander gearbeitet würde. Ich sehe es vielmehr so, daß beide Seiten Verständnis für die Lage aufbringen müssen.

Können Sie sich vorstellen, daß Ihnen die Veba für geschätzte 300 Millionen eine Pipeline nach Schkopau baut?

Darüber haben Leute schon nachgedacht. Die ersten Überschlagsrechnungen sagen, daß die Leitung preiswerter ist, als wenn Sie in Böhlen einen Cracker (Anlage zur Trennung von Ölprodukten) hinsetzen. Eine Pipeline würde uns in eine günstige Situation bringen. Das finde ich eine gute Sache.

Interview: Dietmar Bartz (nicht verwandt)