Generalstreik der Albaner legt öffentliches Leben in Kosovo lahm

Budapest (taz) - Die albanische Bevölkerung in der Serbien unterstellten südjugoslawischen Provinz Kosovo trat gestern in einen vorerst eintägigen Generalstreik. Wie Radio Belgrad meldete, waren die Straßen in allen größeren Städten Kosovos fast menschenleer, so gut wie alle Geschäfte blieben geschlossen, die Arbeit in den Fabriken ruhte und die albanischen Schulkinder blieben dem ersten Unterrichtstag nach den Sommerferien fern. Ein größeres Chaos habe vermieden werden können, so der Radiosender, da man Hilfskräfte aus anderen jugoslawischen Landesteilen zur Regelung des Verkehrs und der Energieversorgung entsandt habe. Militante Aktionen gab es nicht. Die Gewerkschaft hatte den Streikenden empfohlen, nicht auf die Straße zu gehen, um Zusammenstöße mit der Polizei zu vermeiden.

Doch heizten die jugoslawischen Medien die Stimmung in Serbien an. So schreibt die als ausgewogen und objektiv geltende 'Borba‘ am Vorabend des Generalstreiks, fanatische Albaner versuchten mit dem „Streik nur die Generalprobe für einen bewaffneten Aufstand“. In den letzten Tagen, dies habe der verdeckt arbeitende Staatssicherheitsdienst herausgefunden, seien in Kosovo zehn Tonnen an Molotow -Cocktails und Autobomben hergestellt worden. Es sei nur eine Frage von Tagen „bis der Krieg ausgerufen“ werde.

Albanische Oppositionelle beteuern jedoch, nur mit friedlichen Mitteln vorgehen zu wollen. Sie planen in den nächsten Tagen ein selbstorganisiertes Referendum, in dem die Wünsche und Forderungen des albanischen Volkes artikuliert werden sollen. Um der Welt zu zeigen, wie ernst sie es meinten, sollte ein „symbolischer Generalstreik“ den Auftakt mehrerer friedlicher Manifestationen bilden.

Roland Hofwiler