Wie weiter mit den Stasi-Akten?

■ Neues Forum und Bürgerbewegungen geben sich nicht mit Regelung im Einigungsvertrag zufrieden / BürgerInnen fordern Staatssekretär Krause auf, seinen Posten zu verlassen

Berlin (taz) - Die Sicherung und Nutzung der Stasi -Dossiers von über vier Millionen DDR- und zwei Millionen Bundesbürgern müsse nach Auffassung des Neuen Forums ein Thema der Fraktionsberatungen am Dienstag sein. Wie Marianne Birthler gestern vor Journalisten erklärte, sei die auf Protest des Parlaments erfolgte Änderung im Einigungsvertrag vielleicht für die Parteien ein annehmbarer Kompromiß.

Das Neue Forum könne sich jedoch nicht mit dem de facto Informations- und Machtzuwachs des Verfassungsschutzes abfinden: „Beitritt der DDR zur BRD darf nicht Beitritt der Staatssicherheit zum Verfassungsschutz bedeuten.“ Nach den Bestimmungen des Einigungsvertrages soll der Aktenbestand einem Sonderbeauftragten der Bundesregierung unterstellt und die endgültige Regelung über die Archivierung und Verfügungsgewalt dem zukünftigen gesamtdeutschem Parlament überlassen bleiben.

Das Neue Forum und die Bürgerkomitees bleiben bei der Forderung, die Akten dezentral in den Ländern zu lagern und deren Kontrolle nur durch staatlich unabhängige Komitees ausüben zu lassen. Unterstützt wird ein Bürgerantrag an die Volkskammerabgeordneten, der von Demokratie Jetzt, der Initiative für Menschenrechte, der Vereinigten Linken und der Initiative Pankow initiiert worden war. Danach soll die Volkskammer die Behandlung des Einigungsvertrages solange aussetzen, bis ihren eigenen Beschlüssen Rechnung getragen wird.

Das vom Parlament am 24. August verabschiedete Gesetz über den Verbleib der Stasiakten hatten die Verhandlungsführern zum Einigungsvertrag ignoriert. Staatssekretär Krause, der die Mißachtung der Volkskammergesetzgebung direkt zu verantworten habe, solle sofort von seinem Posten abberufen werden. Der Bürgerrechtler Wolfgang Templin sieht neben der Nutzung der Stasiakten durch den bundesdeutschen Verfassungsschutz vor allem die Gefahr, daß die bestehende Regelung die notwendige Vergangenheitsbewältigung unmöglich macht.

ig