„Land soll Erziehungsgeld zahlen“

■ CDU fordert Konsequenzen aus dem Familienbericht der Sozialbehörde

„Sorgfältig zusammengestelltes Zahlenmaterial“, lobte gestern Roswitha Erlenwein, CDU-Bürgerschaftsabgeordnete, den ersten Familienbericht des Senators für Jugend und Soziales - eine 300 Seiten starke Datensammlung über Familien in Bremen. Der CDU fehlt allerdings eine selbstkritische „Bestandsaufnahme der familienpolitischen Defizite“. Familienpolitik konzentriere sich in Bremen nur auf die sozial Benachteiligten, so Erlenwein weiter. Sie vermißt Ideen, wie die formulierten Forderungen umgesetzt werden können.

Hierfür hat die CDU einen Vorschlag: Sie reichte in der Bürgerschaft den Antrag auf ein Landeserziehungsgeldgesetz ein - das es in einigen CDU-regierten Ländern schon gibt. Aus Bundesmitteln können Mütter oder Väter zur Zeit 18 Monate 600 Mark monat

lich beziehen. Das Landesgesetz würde das Erziehungsgeld gestaffelt nach Einkommen - aus Landesmitteln um ein halbes Jahr verlängern. Dann würden Frauen, die ihr Kind selbst betreuen wollen, nicht aus wirtschaftlicher Not zur Berufstätigkeit gezwungen, so die Meinung der CDU. Gleichzeitig ginge der Bedarf an Krippenplätzen zurück. Ein Bundesgesetz müsse der Berufsrückkehrerin den Arbeitsplatz garantieren.

Im Punkt Arbeitsplatzgarantie findet die CDU auch bei der politischen Konkurrenz Zustimmung, die ansonsten dem Vorschlag eher kritisch gegenübersteht, ergaben telefonische Nachfragen. Barbara Melinkat von der Gleichstellungsstelle zu dem CDU-Antrag: „Schön, wenn junge Familien öffentliche Leistungen erhalten,“ aber so lange

das Erziehungsgeld nicht nach dem „Lohnausfallprinzip“ (in Schweden 80 Prozent des Nettolohns) gezahlt werde, gäbe es für die Frauen keine echte Wahlfreiheit zwischen Kinderbetreuung und Berufstätigkeit.

„Es ist unstrittig, daß die Familienpolitik für alle da sein muß“, findet Gertrud Stoevesandt, Hauptverantwortliche beim Senator für Jugend und Soziales für den Familienbericht, „aber daß sozial Schwache mehr Hilfe brauchen, das ist doch klar.“ Ein Umsetzungsplan sei nicht Sache des Berichts, sondern der nachfolgenden Politik. Nichtsdestotrotz seien richtungsweisende Vorschläge enthalten: beispielsweise in bezug auf die Zahl der Kinderbetreuungsplätze, der Unterstützung von Selbsthilfe und der Beratung. Für erziehende Mütter müsse es mehr Fortbildung und sozial abgesicherte Teilzeitarbeit geben, um ihnen den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern. In vielen Fragen sei allerdings der Bund gefordert, so auch beim Erziehungsgeld. Zum Antrag der CDU auf ein Landeserziehungsgeldgesetz sagte Frau Stoevesandt, es sei nicht einzusehen, warum man den Bund aus der Verantwortung für das Erziehungsgeld entlassen sollte.

Maria Spieker, Referentin für Frauenpolitik bei den Grünen, findet es „lobenswert, daß die CDU sich bemüht, das Bundesgesetz auszuweiten“, aber sie löse damit das Problem nicht: „Kein Mann würde für 600 Mark in den Haushalt gehen.“ bea