David meidet Goliath

■ Schering scheitert bei Grenzüberschreitung

MIT DER NEUEN KONKURRENZ AUF DU UND DU

Leipzig (taz) - Arg vollmundig war die Ankündigung von Schering schon: Der Westberliner Pharmakonzern ist auf der Suche nach Partnern in der DDR. Aber nicht in Form von Beteiligungen oder Vertretungen, sondern, durchaus noch unüblich, als Zulieferer. Schließlich habe er 1989 für mehr als 1,5 Milliarden DM eingekauft, gab Schering bekannt. Doch mehr als Ostzukäufe im zweistelligen Millionenbereich dürften zunächst nicht drin sein. In der Summe sind nämlich die Rohstoffbezüge für die Schering-Arznei inbegriffen, und die gehören nicht zu der Aktion.

Immerhin stehen auf dem Freigelände in Leipzig zwei Bürocontainer, Scheringfahnen davor, und ein großes Schild fragt: „Was bieten Sie an?“ Bislang nur sehr, sehr wenig, läßt Kurt Linneke, Einkaufsleiter für Packmittel, durchblicken. Der Konzern würde gerne eine bunte Palette von Pack- und Werbemittel beziehen, dazu mittelständische Dienstleistungen von Abbrucharbeiten bis zur Putzkolonne. Ellenlang ist die Liste. „Das ist grundsätzlich auch eine politische Aussage“, sagt Linneke; kleine DDR-Firmen sollen eine Chance bekommen. Schering will viele Anbieter - so werden Unternehmen aus der DDR zur Konkurenz für die angestammten Lieferanten.

Doch die westdeutschen Karton-, Glas-, Blech- oder Folienhersteller brauchen einstweilen nicht um Schering -Aufträge zu fürchten, denn die Resonanz ist miserabel. Angesprochene DDR-Firmen sehen sich nicht in der Lage, regelmäßige Lieferungen zu garantieren. Und die einzelnen Positionen, die Schering haben will, sind zu klein zur Existenzsicherung. Um die nötigen Neuinvestitionen auszulasten, wären außer Schering auch andere Abnehmer nötig - und diese zu finden, überfordert die Betriebe aufs Neue. Jetzt wird bei Schering über Zeitungsannoncen nachgedacht. Vorläufig ist die Grenzüberschreitung gescheitert.

diba