Europaweit kein Grab für Atommüll in Sicht

■ 15.000 AKW-Gegner trafen sich an einem möglichen Endlagerstandort in Frankreich / Überall formiert sich der Widerstand

Berlin (taz) - Die Suche nach Endlagerstätten für radioaktiven Atommüll kommt europaweit nicht voran. Dieses Fazit zogen Anti-Atommüll-Gruppen nach einem internationalen Treffen am vergangenen Wochendende im französischen Neuvy -Bouin. An dem Treffen beteiligten sich nach Angaben des Lüchow-Dannenberger BI-Sprechers Wolfgang Ehmke 15.000 Atomkraftgegner.

Das Granitgestein von Neuvy-Bouin gehört zu den insgesamt vier Standorten in Frankreich, an denen die staatlichen Atomstromer Erkundungsprogramme für nukleare Endlagerstätten durchführen wollen. Nach heftigen Protesten und monatelangen Blockaden der Bohrfahrzeuge hatte Premierminister Rocard im Februar ein einjähriges Moratorium verkündet. An dem Treffen in Neuvy-Bouin nahmen auch Vertreter von Anti-AKW -Initiativen aus den anderen möglichen französischen Standorten Bourg-Ir'e (Department Maine-et-Loire), St. Julien-Reyssouze (Ain) und Montcornet (Aisne) teil. Allerdings gehen die französischen AKW-Gegner davon aus, daß sich die Atomwirtschaft intern bereits auf die Granitformation von Neuvy-Bouin als Endlagerstätte festgelegt hat. Lediglich im Tonuntergrund von Moncornet ist inzwischen trotz des Moratoriums mit Erkundsbohrungen begonnen worden.

Auch in spanischen Salamanca ist die Endlagersuche nach Informationen einheimischer Anti-AKW-Aktivisten wegen heftiger regionaler Proteste eingefroren worden. Das gleiche Bild im schweizerischen Ollon: Nach achtwöchigem Kleinkrieg wurde dort ein Meß- und Erkundungsprogramm vorerst eingestellt. In Großbritannien ist die Regierung inzwischen auf die Idee verfallen, Endlagerstätten in den „strahlenerprobten“ Regionen der Wiederaufarbeitungsanlagen von Sellafield und Dounreay nach einem Grab für den Atommüll zu suchen. Dagegen wehren sich nach Angaben einer Vertreterin schottischer Anti-AKW-Initiativen inzwischen sogar die Arbeiter der Nuklearindustrie. Als Vertreter des deutschen Endlagerstandortes Gorleben berichtete Ehmke in Neuvy-Bouin über die mit dem Regierungswechsel in Hannover verbundenen „zumindest größeren Verzögerungen, wenn nicht gar den Abbruch“ des Endlagerprojekts im Gorlebener Salz. In einer Schlußerklärung einigten sich die in Neuvy-Bouin versammelten Initiativen rasch auf die strikte Ablehnung aller Endlagerpläne in Europa. Abgelehnt wurde allerdings der Sofortausstieg aus der Atomenergie, den insbesondere bundesdeutsche AKW-Gegner verlangt hatten. Die verabschiedete Forderung lautete schließlich: „Sukzessiver Ausstieg“.

gero