Klub der Heringe

■ „Venus Peter“ im Broadway

Das könnten wir uns alles ersparen, wenn dieser Film im Nachmittagsprogramm liefe. Aber aus purem Ehrgeiz hat Jan Sellar seinen ersten Spielfilm mit gleich drei jugendverwirrenden Szenen angereichert, die aus langweiligem Kinderkino Erwachsenenpoesie machen sollen. Wer gerne Janosch-Pixie-Bücher verschenkt und den kleinen Prinzen schon auswendig kann, der darf sich bei Venus Peter ein paar neue Merksätze abschreiben. Immer gut für die Freundin beispielsweise: „Du mußt deinen Wal finden, ehe er untertaucht.“

Ausgeschlachtet wird das Thema der emotionalen Bindung an den weiten Ozean, häufig anzutreffen bei einfachen Fischern und Jack London. Baby wird mit Meerwasser getauft, wächst aber eh in einem schottischen Fischerdorf auf und hat also auch wegen der Liebe zum seefahrenden Großvater (siehe James Krüss) - die Flut im Blut, das sogenannte Flutenfieber, volkstümlich auch Fischers Frühling. Während Peter noch annimmt, daß er ein Boot ist, lehren ihn verschiedene mehr oder weniger erotische Frauen den vagen Zusammenhang von Lyrik, Tränen und Sex. Peter erweitert seinen Horizont dahingehend, daß auch Boote Gedichte rezitieren können. Klingt nicht annähernd so albern, wie es ist. Wenn es erst mal heißt: „Kinder sehen unsere Welt“, und SPD-geschulte Didaktikschnallen vor Rührung fast zusammenbrechen, wenn sie in Kinderscheiße treten, ist man durch systematische Unterforderung seiner intellektuellen Möglichkeiten schon halb durchs Nadelöhr. Der W.O.W. (What-a-wOnderful-World-)Effekt tritt ein, Fischmaul, Flatline. Die sowieso halbherzige Erzählung degeneriert in einfühlsamen Augenblicken (Abb. 2 dieser Ausgabe), die die Wunder der Schöpfung Himmel, Frauen, Wale in einen verbindlichen Zusammenhang setzen, so wie Haribo. Lehrsatz: Sensibilität ist Pampers für die Gehirnhaut. Und mit Besinnlichkeit bis zum In-die-Windeln -Machen gibt's dann auch noch ein Quentchen Sozialstudie, das Vergleiche mit Bill Forsyths Local Hero nach sich zog. Die Heringe sterben aus, Großvaters Boot wird verpfändet, die Lehrerin hat einen Freund. Aber bevor Venus Peter sein erstes eigenes Gedicht Ich war ein Boot, das nicht weinen konnte verfaßt, hört der Film endlich auf.

kolt

Venus Peter ab heute bis 19. September im Broadway.