IG Bergbau darf nicht bei ÖTV wildern

■ DGB-Bundesvorstand verurteilt Expansionspläne der IG Bergbau in ÖTV-Bereich als satzungswidrig

Berlin (taz) - Im Organisationsstreit der beiden DGB -Gewerkschaften ÖTV und IG Bergbau hat der DGB -Bundesvorstand am Dienstag eine Entscheidung getroffen. Er verurteilte die Pläne der IG Bergbau und Energie (IGBE), ihren Organisationsbereich auf die Energie- und Wasserwirtschaft auszuweiten. Beide Branchen gehören in der Bundesrepublik zum Organisationsbereich der ÖTV, in der DDR aber zur Gewerkschaft Bergbau, Energie und Wasserwirtschaft (IGBEW).

Die seit Jahren an Mitgliederschwund leidende Bergbaugewerkschaft (West) will morgen auf einem außerordentlichen Gewerkschaftskongreß die satzungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Zusammenschluß mit der Ost-Gewerkschaft IGBEW beschließen.

Seit Jahren schon hatte die Bochumer Zentrale der IGBE ihren Anspruch propagiert, den gesamten Energiebereich der BRD zu organisieren. Insbesondere in einigen Atomkraftwerken gab es unter Betriebsräten Bestrebungen, sich auf die Seite der Bergbaugewerkschaft zu schlagen, von der eine atomfreundlichere Politik erwartet wurde als von der inzwischen atomkritischen ÖTV. Bisher gehören nur solche Kraftwerke zum IGBE-Organisationsbereich, die in einem unmittelbaren Produktions- und Firmenzusammenhang mit dem Bergbau stehen. Alle anderen Kraftwerke und der gesamte Bereich der Wasserwirtschaft gehören zum ÖTV-Bereich.

Der DGB-Bundesvorstand stellte nun fest, die IGBE-Pläne zur Ausweitung der Branchenzugehörigkeit seien „satzungswidrig“ und „unwirksam“. Es liege ein Verstoß gegen Paragraph 15 der DGB-Satzung vor, der eine Veränderung der Organisationsbereiche zwischen den Einzelgewerkschaften nur in Übereinstimmung mit anderen betroffenen Gewerkschaften und mit Billigung des DGB-Bundesausschusses zuläßt. Die ÖTV hat sich strikt gegen jede Veränderung der Organisationsgrenzen ausgesprochen und fordert, die bisher nur für die BRD geltende Regelung im vereinten Deutschland beizubehalten.

Die ganz überwiegende Mehrzahl der 77.000 Beschäftigten in der DDR-Energiewirtschaft und die rund 22.000 Beschäftigten der Wasserwirtschaft können also nicht mit der IGBEW zusammen zur gesamtdeutschen Bergbaugewerkschaft stoßen, sondern müssen ihre gewerkschaftliche Heimat in der ÖTV suchen. In einigen Energiebetrieben, so im Energiekominat Berlin, hat sich die Gewerkschaftsbasis in einer Urabstimmung bereits vor Monaten für ein Zusammengehen mit der ÖTV ausgesprochen.

IGBE-Sprecher Norbert Römer indessen angekündigt, die Bergbaugewerkschaft werden trotz des DGB-Beschlusses an der für Freitag geplanten Satzungsänderung festhalten.

Martin Kempe