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Brotmangel in Moskau

■ ... Aber die Fabrikdirektoren sehen keine Probleme

Schlangen gehören zum Moskauer Alltag. Doch nach Brot anzustehen, das hatte es seit Kriegsende nicht mehr gegeben. Die meisten Direktoren der Moskauer Brotfabriken aber meinen: „Keine Probleme, alles läuft normal“. Überstürzte Hamsterkäufe seien für die leeren Regale verantwortlich. Nur in einer Fabrik für Trockenbrot gestand man Schwierigkeiten ein. Transporte aus der Ukraine und Weißrußland seien ausgeblieben und zudem leide man an einem permanenten Arbeitskräftemangel. Kaum einer will die schwere Arbeit für wenig Lohn noch machen. Daher fordert auch der Bürgermeister Moskaus, Gawril Popow, 500 Wehrdienstleistende in die städtischen Bäckereien abzustellen. Eilig versicherte das Antikrisenkomitee der Stadt gestern, in wenigen Tagen sei die Lage wieder stabilisiert. Ende August, so war einer Abendzeitung zu entnehmen, hatte die Brotproduktion tatsächlich um 10 Prozent unter dem Soll gelegen. Als weitere Erklärungen des Defizits müssen Urlaubsrückkehrer, Schulbeginn und natürlich die gestiegene Nachfrage nach Brot herhalten, weil Fleisch, Wurst und andere Waren fehlen.

In einem Telegramm an alle Präsidenten der Republiken reagierte Gorbatschow vorgestern sofort auf die neue Mangellage. Sie sollten dafür Sorge tragen, daß die Bauern das Getreide auch an die staatlichen Käufer weitergeben. „Viele Sowchosen und Kolchosen schränken ungerechtfertigterweise ihre Verkäufe an den Staat ein“, hieß es darin. Daneben kommen Gerüchte auf, die Kolchosniks hielten die Lieferungen zurück, um ihren eigenen Viehbestand damit zu füttern. Denn, wen wundert's, Futter gibt es auch nicht.

K.H.D.

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