„Die PDS ist keine Alternative für Wähler der AL“

■ Die Gründung der Linken Liste/PDS bringt den Fraktionsvorsitzenden der AL, Bernd Köppl, nicht aus der Ruhe

INTERVIEW

taz: In der FDP wurde eine profilierte Linksliberale zur neuen Parteichefin gewählt, gleichzeitig konstituiert sich eine LinkeListe/PDS in Berlin. Besteht nicht die Gefahr, daß die krisengeschüttelte AL im Wahlkampf zwischen diesen Blöcken zerrieben wird?

Bernd Köppl: Die FDP ist in Berlin keine linke Kraft und wird auch durch die Auswechslung ihrer Vorsitzenden keine werden. Da gibt es für uns keine Schwierigkeiten. Der Aufbau der Linken Liste/ PDS schafft allerdings eine neue Situation, weil sehr viele Fundis in den Reihen der AL und Leute, die vom Sozialismus träumen, meinen, das sei eine Alternative zur AL. Die PDS ist meiner Ansicht nach aber überhaupt keine linke Kraft in der Stadt, sondern ein Produkt des Niedergangs des realen Sozialismus. In der PDS sammeln sich nur die Verlierer der DDR-Revolution und die ehemaligen Nutznießer der DDR -Herrschaft. Darüber hinaus sind relevante Teile der PDS für den Ausbau der Atomindustrie der DDR. Ich glaube nicht, daß die ein linkes politisches Potential sind, das eine Alternative für unsere WählerInnen darstellen könnte.

Die PDS betont in ihrem Wahlkampf die Frage der sozialen Sicherheit und fängt damit Stimmen ein. Was tut die AL?

Das Wählerpotential der PDS in Ost-Berlin kommt nicht durch die allgemeine Frage der sozialen Sicherheit zustande, sondern nur durch die soziale Sicherheit der ehemaligen SED -Kader. Die sind in Ost-Berlin so zahlreich vertreten, daß wenn alle ehemaligen SED-Mitglieder und ihre Familienangehörigen bei der kommenden Wahl für die PDS stimmen - es für ihr jetziges Wahlergebnis ausreicht. Natürlich wird die soziale Frage viel gravierender werden. Wir rechnen im Herbst mit 400.000 Arbeitslosen in und um Berlin.

Viele bezahlte Mitarbeiter der AL haben in den vergangenen Wochen ihre Arbeit für die Partei eingestellt - wegen der Regierungsbeteiligung der AL. Kommt jetzt das letzte Flügelgefecht, bleibt am Ende nur der Realoflügel übrig?

Die bezahlten Funktionen in der AL sind in der Vergangenheit meist an Anhänger linker Strömungen gegangen. Das waren Leute, die auf Grund ihres Lebenslaufes in der Lage waren, Parteiarbeit zu machen. Die Leute vom Realoflügel haben doch eher feste Berufe. Dieses linke Übergewicht bei den bezahlten Leuten ist jetzt natürlich stark in Frage gestellt, weil sie in der wichtigen Frage der Koalition nur noch eine eindeutige Minderheitsposition darstellen. Ich würde es aber sehr bedauern, wenn sie ihre Mitarbeit einstellen und sich in die Schmollecke zurückziehen.

Was raten Sie denn Ihrem Vorstandskollegen Harald Wolf, wenn er aus dem Urlaub zurück ist. Der will seine Mitarbeit ja ebenfalls einstellen.

Wolf hat eine sehr unangenehme Sache gemacht. Er hat hinter dem Rücken der AL versucht, eine Konkurrenzliste zu den Grünen aufzubauen. Das ist völlig inakzeptabel. Er muß völlig offenlegen, welches Intrigenspiel er da betrieben hat. Wenn er sich dafür entschuldigt, werde ich von ihm keine persönlichen Konsequenzen verlangen. Schließlich hat er lange Zeit eine vernünftige Rolle in der AL gespielt.

Gilt das auch für den ehemaligen AL-Pressesprecher Dirk Schneider, der jetzt bei der Linken Liste/PDS mitmachen will?

Nein, bei den Leuten, die zur PDS gegangen sind, liegt die Sache völlig anders. Hier trennt sich etwas, was sich in der AL tatsächlich politisch auseinanderentwickelt hat. Dirk Schneider hat auch in der Vergangenheit nie die oppositionellen DDR-Gruppen unterstützt, die jetzt unsere Bündnispartner geworden sind, sondern sich immer mehr auf die SED bezogen. Da ist es nur konsequent, wenn er diese Linie in der PDS fortsetzen will.

Interview: ccm