Partyfieber

■ Spielerfete bei den US Open in New York

PRESS-SCHLAG

Wenn Tennisspieler auf eine Party gehen, kann das Ganze ein sehr langweiliger Abend werden. Und so gab es denn auch bei der offiziellen Spielerfete im Manhattener Nachtclub „MK“ eigentlich nur zwei Höhepunkte: 1. Die Getränke gab es umsonst; 2. Das Essen auch. Aber wir wollen ja nicht klagen. Sich in New York einmal den Bauch vollschlagen zu können, ohne daß einem der rechnungsbedingte Angstschweiß das Essen versalzt, gleicht ja immerhin einem mittleren Wunder. Da erträgt man dann auch schon mal die Anwesenheit von etwa 100 durchtrainierten Stimmungsgegnern.

Gut und gerne 20 Leute hatten sich zur Party Einlaß verschafft, ohne daß sie eingeladen waren. Selbstverständlich war auch ich einer von ihnen. Das ist ja das Schöne an den USA - mit einer großen Klappe kommt man hier fast überall rein. Man braucht nur seinen bundesdeutschen Personalausweis vorzuzeigen und sagen, daß man der Onkel mütterlicherseits von Steffi Graf ist. Das haut selbst den größten Türhüter um. Meistens muß man ihm dann auch noch ein Autogramm geben.

Übrigens gibt es einige sehr schöne Merkmale, anhand derer man Tennisspieler von normalsterblichen Menschen auf einer Party unterscheiden kann. Hier nur eine kleine Auswahl: Die Kreatur „Tennisspieler“ läßt sich mit einem Taxi zur Festlichkeit fahren, während die Kreatur „Nicht -Tennisspieler“ die U-Bahn nimmt, sich verfährt und von dort zu Fuß läuft. Ich z.B. frage auf der Party im „MK“, was ein Bier kostet; der Tennisspieler dagegen holt sich an der Bar eine Diät-Cola ab und weiß, daß die Getränke umsonst sind. Hauptgesprächsstoff der Profis auch auf einer Fete sind die neusten Sponsoren- und Werbeverträge. Die dezente Bardame und ich dagegen diskutieren inbrünstig über die hohen Zigarettenpreise in den USA. Und letztlich: Ein Tennisspieler bleibt höchstens ein bis zwei Stunden auf der Party, während ich dagegen eine halbe Stunde vor Beginn ankomme und bleibe, bis der Manager mich rausschmeißt.

Anscheinend wußte der Veranstalter der Party, wie langweilig Tennisspieler sein können, wenn man ihnen den Schläger aus der Hand nimmt. Jedenfalls hatte er zwei Etagen tiefer (Clubs in New York sind oft mehrstöckig) gleichsam zu einer öffentlichen Party geladen und dazu eine südamerikanische Musikerlegende engagiert: Tito Puente mit seiner Bigband. Herr Puente gilt in New York, wo er schon seit Jahrzehnten wohnt, als ein Musiker Marke Sonderklasse. Und in der Tat: Hunderte von Leuten füllten den kleinen Konzertsaal, so daß Tanzbewegungen nur noch vertikal ausgeführt werden konnten.

Es dauerte gar nicht so lange, da sah man die ersten Tennisspieler inmitten der johlenden, enthusiastischen Menge. So sieht man sie ganz selten während des Turnieres. Erstaunlich, daß zumindest einige von ihnen für ein paar Augenblicke aus dem extremen Kreislauf von Training, Reisen, Spielen, Training ausbrachen und sich, die Leute und die Musik einfach genossen. Natürlich waren, wie fast immer auf solchen Partys, keine Top-Ten-Spieler dabei. Mit ihren allzubekannten Gesichtern würden sie nicht nur einem Tito Puente die Show stehlen, sondern auch sich selbst um einen ruhigen Abend bringen.

Ralf Stutzki