Töpfer-Veto gegen Greifswald

■ Reaktorminister gibt allen acht Atommeilern an der Ostsee wenig Chancen / Aus für Blöcke I bis IV

Berlin (taz) - Die Blöcke I bis IV der Atomzentrale Greifswald haben keine Zukunft. Block V geht frühestens wieder in den Probebetrieb, wenn die sowjetische Meß-, Steuer-, und Regeltechnik gegen eine solche von Siemens ausgetauscht ist. Ob die im Bau befindlichen Blöcke VI bis VIII jemals Strom liefern, steht in den Sternen. Dies ist die Einschätzung des Bonner Reaktorministers Töpfer (CDU), der nach dem 3. 10. endgültig das Sagen in Greifswald hat.

In einem Schreiben an die Regierung in Ostberlin hat Töpfer dringend darum gebeten, die Inbetriebnahme-Genehmigung für Block V nicht noch vor der Vereinigung zu erneuern. Der Meiler war im Verlauf von Inbetriebnahmeversuchen im November nach einem schweren Störfall abgeschaltet worden. Das Staatliche Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz (SAAS) der DDR hatte daraufhin die Genehmigung ausgesetzt. Zwischenzeitlich hielten die Ostberliner Atomaufseher die Mängel jedoch für abgestellt und wollten den fünften Block solange betreiben, bis ein anderer Meiler (Block VI) betriebsbereit sein würde. Nach der Intervention aus Bonn ist allerdings nicht damit zu rechnen, daß das SAAS es auf einen Affront ankommen läßt und den Meiler noch einmal anwirft.

Töpfer-Sprecher Berthold Goeke ließ gestern keinen Zweifel daran, daß das endgültige Aus für die Blöcke I bis IV bevorsteht. Sobald ein derzeit mit bundesdeutscher Hilfe errichtetes Heizwerk in Greifswald die Wärmeversorgung übernehmen könne, werde auch der letzte noch laufende Block I abgeschaltet, sagte Goeke zur taz. Pläne der Betreiber, die Blöcke III und IV nach einer Rekonstruktionsphase noch einmal anzuwerfen, nannte der Sprecher „sehr optimistisch“. Angesichts der Schwere der Sicherheitsmängel halte er es für ausgeschlossen, daß dafür eine Genehmigung nach bundesdeutschem Atomrecht möglich wäre.

In Bonn gibt es auch erhebliche Zweifel, ob die neuen Blöcke V bis VIII jemals ans Netz gehen. Die im Bau befindlichen Meiler werden gegenwärtig von der Treuhandanstalt unter dem Namen „Energiewerke Nord AG im Aufbau“ verwaltet. Sie sollen mit Meß-, Steuer- und Regeltechnik von Siemens ausgerüstet werden. Gegenwärtig sei „nicht erkennbar“, daß ein Westunternehmen die Baustelle übernehme und entsprechende Finanzmittel aufbringe, sagte Goeke. Selbst wenn dies geschehe, sei keinesfalls sicher, daß ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren mit Aussicht auf Erfolg betrieben werden könne.

Gerd Rosenkranz