PDS: Heimat für linke Utopien

■ Betr.: „Ein Stück DDR für die Zukunft retten“ und Kommentar „Die Erneuerer“, taz vom 25.8.90

Es gehört nicht viel dazu, den Versuch, eine sozialistische Partei im zusammengeführten Deutschland zu etablieren, in Mißkredit zu bringen - eine kurze Anspielung auf die realsozialistische Vergangenheit reicht aus. Verwunderlich ist aber schon, daß die ach so alternativ-fortschrittliche taz in das tösende Geheul der bundesdeutschen Presse einstimmt. Jene, die das tun, müssen sich fragen lassen, wo linke Utopien in unserem Land zukünftig ihre politische Heimat finden werden.

Etwa bei den Grünen, die sich in einem endlosen Selbstzerfleischungsprozeß befinden und neuerdings, angetrieben von der weinerlichen Pastorentochter Vollmer, den Zusammenhang zwischen dem abendländischen Kapitalismus und der menschengefährdenden Ausbeutung unserer Umwelt verneinen?

Oder bei der SPD, die unaufhörlich und richtigerweise den Dialog mit der stalinistischen SED gesucht hat, aber jetzt so tut, als gehe es darum, alles niederzumachen, was an sozialistischen Kräften übrig geblieben ist?

Wer sich - wie der Unterzeichnende - trotz allem eine rot -grüne Koalition mit Oskar als Kanzler wünscht, sollte wissen, daß eine sozialistische Oppositionspartei im Bundestag, die Chance stark verbessert, linke Politik in Gesamtdeutschland auf lange Sicht durchsetzungsfähig zu machen.

Bei aller historischer Schuld, die PDS darf nicht aufgrund wahltaktischer Manöver der bürgerlichen Einheitsfront untergehen! Wenn es links von der SPD nur noch die Wahl zwischen politischem Sektierertum und terroristischer Gewalt gibt, wird ein neuer deutscher Herbst wahrscheinlicher.

Thomas Schlingmann (Sprecher der Juso-Hochschulgruppe Bremen), 28 Bremen 1