IG-Bergbau bleibt hart

Duisburg (taz)- Unbeeindruckt vom Protest der ÖTV und dem Veto des DGB-Bundesvorstands hat die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE) gestern in Duisburg die notwendige Satzungsänderung für ihre Expansionspläne in der DDR einstimmig verabschiedet. Künftig können sich - neben den Bergbaubeschäftigten - auch die etwa 100.000 DDR-Angestellten, Arbeiter und Beamte der Energie-, der Wasserwirtschaft und der Geologie, die in der Bundesrepublik weitgehend der ÖTV angehören, in der IGBE organisieren. Die Mitgliederzahl der IGBE von heute 340.000 Gewerkschaftern würde sich somit zunächst fast verdoppeln. Mit diesem Beschluß ist der Streit über den Organisationsbereich der DGB-Gewerkschaften in eine neue Phase getreten.

Noch am Dienstag dieser Woche hatte der DGB-Bundesvorstand die IGBE-Pläne bei nur einer Gegenstimme als „satzungswidrig“ und „unwirksam“ erklärt. Beim neuen DGB -Vorsitzenden Heinz-Werner Meyer war während seiner Grußansprache allerdings keinerlei Engagement zu erkennen, die Delegierten zur Rückkehr auf diese Linie des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu bewegen. Meyer, der vor seiner Wahl zum DGB-Chef selbst IGBE-Vorsitzender war und in dieser Funktion die Expansion seiner Gewerkschaft in die DDR mit vorbereitet hatte, beließ es dabei, in unverbindlicher Form die Einheit der Gewerkschaftsbewegung zu beschwören. Der „historische Vorgang“ der Vereinigung dürfe „nicht im kleinlichen Streit versinken“, sagte Meyer.

Vier Stunden vor der Abstimmung forderte Meyer - „mir ist klar, wie die Entscheidung heute ausfallen wird“ - alle Beteiligten auf, zu verhindern, „daß aus dem Organisationsstreit, aus dem Schneeball eine Lawine entsteht, die dann keiner mehr aufhalten kann“. Zunächst wird wohl die entsprechend der DGB-Satzung vorgesehene Schiedskommission versuchen, den Streit zu schlichten allerdings mit wenig Aussicht auf Erfolg.

Unterdessen werden in der DDR weiter Fakten geschaffen. Schon am 15. September wollen sich die in Rede stehenden DDR -Gewerkschaften auflösen und ihren Mitgliedern empfehlen, der IGBE individuell beizutreten. In allen zuständigen Betrieben werden unmittelbar danach die Aufnahmescheine verteilt. Dabei gibt sich die IGBE zuversichtlich, daß die meisten DDR-KollegInnen ihr - und nicht der ebenfalls schon in den Betrieben werbenden ÖTV - beizutreten wünschen. Peter Witte, Vorsitzender der DDR-Gewerkschaft Bergbau, Energie und Wasserwirtschaft, griff in seinem Grußwort die ÖTV scharf an. Die Berg- und Energiearbeiter, so Witte, „gehören in eine Gewerkschaft“ und bei seinen Mitglieder existiere der „feste Wille“ dies durchzusetzen.

Zum Nachfolger von Heinz-Werner Meyer wählten die 300 IGBE -Delegierten den 52 jährigen ehemaligen Hauer Hans Berger. Für Berger votierten 97,7 Prozent der Delegierten. In einer ungewohnt kämpferischen Rede verteidigte der neue IGBE-Boß Berger die Satzungsänderung. Damit sei seinen Angaben zufolge zwar keine Ausdehnung des Organisationsbereiches in der Bundesrepublik beabsicht, aber wenn die ÖTV weiter in der DDR „Mitglieder von uns“ abwerbe, dann werde es der IGBE auch nicht mehr möglich sein, die bisher geltenden Organisationsgrenzen in der BRD zu beachten.

Walter Jakobs