Seh'n oder Nichtseh'n

■ „Graf Duckula“: Neue Zeichentrickserie bei Radio Bremen. Samstag, 17.25

Zu lang, viel zu lang hat das Fernsehen uns samstags gepestet mit einem hektisch-hysterisch getexteten, billigen Donald-Duck-Aufguß zur Vorabendzeit. Aber nun ist es endlich dem englischen Enten-Adel, den Erzerpeln von Pürzelstein, gelungen, aus den transsylvanischen Bergen herüberzukriechen und der Donald-Duck-Brut das Blut auszusaugen: Seit vorgestern herrschen Graf Duckula, Emma, das plustrig-dicke Kindermädchen-Huhn mit bandagiertem Flügel, und Igor, der raubvogelige Diener über die Fernsehuntertanen. Eine Regentschaft, der man sich - wenn es so weitergeht - gern unterwirft, denn in der Welt von Graf Duckula („Dackjula“) gibt es reichlich zu glucksen, zu gnickern und zu gackern: Sie ist einfach absurdblödekomisch, voller Ideen, mit spürbarer Lust an Sprachspielen und Zeichentrickwitz aufgebaut.

„Geschichten mit Biß“ nennt sich die Serie im Untertitel, aber das stimmt nicht so ganz, denn Graf Duckula beißt eben nicht: Blut kann er nicht ertragen, weil er aus Versehen, statt mit Fledermausflügelblut, mit Tomatenketchup aus der Gruft erweckt worden ist. Vegetarisches im allgemeinen, und Broccoli im ganz besonderen ist sein Vampir -Elixier. Damit er nun aber nicht allzusehr aus der Art seiner vampirischen Ahnen schlägt, kümmert sich Igor, der Diener, darum, dem Grafen von Zeit zu Zeit Bösartiges vorzuschlagen, ihn heiß zu machen auf Blut und Tod, ihn in der Ahnengalerie seines Schlosses herumzuführen, wo all die Erz-Erpel mit Raffzähnen verewigt sind: Einer, zum Beispiel, der schon im zartesten Alter seinem Teddy den Hals durchgebissen hat. Doch Duckula horcht erst auf beim Ägyptologen-Ahn, der dem Pharao das „magische Saxophon“ entwenden wollte, um Herr über Leben und Tod zu werden. Dies Saxophon will Duckula auch, aber nur - Diener Igor wird blau um die Augen -, um in Hollywood ganz groß rauszukommen. Und tatsächlich: Samt Schloß machen sie sich auf die Reise, vorbei an einer großartigen Enten-Sphynx vor einer Pyramide. Dort finden sie dieses Saxophon, unter dessen rockigen Klängen Graf Duckula alle ägyptischen Mumien in einer furiosen Schluß-Szene zum Tanzen bringt.

Es sind aber nicht nur die Vampir-Enten-Trickideen aus England, die diese Serie (vorläufig 26 Folgen) so witzig machen - auch Übersetzung und Synchronisation versuchen dem englischen Original gerecht zu werden: Schauspieler wie Ilja Richter (Duckula), Jörg Hube, Hans Korte oder Jochen Striebeck ergötzen sich professionell am Text, den Frank Günther, Shakespeare-Übersetzer, sorgfältig ins Deutsche übertragen hat. So muß es sein: Respekt vor dem ernsten Geschäft der Komik. Nur so kommt lockere Albernheit zustande.

Sybille Simon-Zülch