Bekommt das Gysilein bald einen Wolf?

■ Drei Funktionäre treten aus der Westberliner AL aus / Protest gegen den Kurs von Partei und Senatskoalition / Wechsel zur Linken Liste/PDS?

West-Berlin. Das Abbröckeln am linken Rand der Alternativen Liste scheint sich in einen Erdrutsch zu verwandeln. Mit Harald Wolf, Birgit Arkenstette und Astrid Geese kehrten jetzt gleich drei führende Mitglieder gemeinsam der Partei den Rücken. Vor dem AL-Parteivorstand dem Geschäftsführenden Ausschuß (GA) - erklärten die drei bereits am Donnerstag ihren Austritt, heute wollen sie diesen Schritt öffentlich begründen. Die AL verliert damit drei PolitikerInnen, die in den letzten Jahren zentrale Positionen in der Partei innehatten. Alle drei waren an der Aushandlung der Koalitionsvereinbarungen mit der SPD beteiligt. Wolf war auch bis zuletzt das einzige bezahlte Mitglied des GA und kümmerte sich darüber hinaus um die Kooperation mit den AL-Bündnispartnern in Ost-Berlin.

Wolf, Arkenstette und Geese waren gestern nicht zu erreichen, begründeten ihren Austritt gegenüber 'dpa‘ aber mit der Entwicklung der Regierungskoalition in West-Berlin sowie mit der Gesamtentwicklung der Grünen. Zusammen mit 38 weiteren AL-Mitgliedern hatten sie Anfang August in einer gemeinsamen Erklärung den Kurs der AL scharf kritisiert und angekündigt, ihre Mitarbeit künftig einzuschränken. Die geringe parteiinterne Resonanz auf diese Erklärung hat dem Vernehmen nach mit den Anstoß zu den Austritten geliefert. Zu einem Übertritt zur Linken Liste/PDS hätten sich Wolf, Arkenstette und Geese bisher nicht geäußert, hieß es in der AL. Im Umkreis der noch nicht offiziell gegründeten Linken Liste gingen gleichzeitig Gerüchte über eine mögliche Mitarbeit von Wolf, Arkenstette und Geese um. Weil die drei sich Bedenkzeit ausbedungen hätten, werde die für Donnerstag und Freitag vorgesehene Gründung der Linken Liste wahrscheinlich erneut verschoben.

Die AL bedauerte die Austritte als „schmerzlich“. Die Entscheidung sei ein falscher Schritt, meinte AL-Sprecher Stefan Noe. Die Liste sei stets durch ein weites Spektrum unterschiedlicher Politikansätze geprägt gewesen, ergänzte der Sprecher. Die Austritte seien deshalb als Warnzeichen zu sehen, sagte Noe, der selbst dem fundamentalistischen Flügel zuneigt.

Auch Helga Metzner, die dem GA als Vertreterin der realpolitischen „Grünen Panther“ angehört, bezeichnete die Austritte gestern gegenüber der taz als einen „ganz großen Verlust“. Der von Noe gebrauchte Begriff eines „Warnzeichens“ für die Partei beschreibe die AL-interne Diskussion aber „nicht richtig“. Nachdem in den vergangenen Wochen bereits einige fundamentalistisch getönte AL -Mitglieder die Liste verlassen hatten, befürchtet Metzner nun einen heftigen Flügelstreit: die Schuld an den neuerlichen Austritten könnte dem realpolitischen Flügel angelastet werden. Die Realos hatten auf einer Mitgliederversammlung im Juni mit einem Bekenntnis zum Erhalt der rot-grünen Senatskoalition überraschend die Parteimehrheit hinter sich gebracht.

hmt