Grüne: Verfassung ändern

■ Grüne fordern mehr Bürgerrechte und Änderung des Petionsrechtes

Die grüne Bürgerschaftsfraktion will die Bremer Landesverfassung zur Diskussion stellen. Die Rechte von BürgerInnen und einzelnen Abgeordneten sollen gestärkt werden, zum Beispiel durch die Senkung der Quoren für Volksentscheid und Volksbegehren, generelle Öffentlichkeit von Deputationssitzungen und eine Reform des Petionsrechtes.

Die Grünen werden einen „Nichtständigen Ausschuß Verfassungsreform“ beantragen. Dort sollen Änderungsanträge aller Fraktionen beraten und spätestens zur Bürgerschaftswahl 1991 in einem Volksentscheid vorgelegt werden.

Neun Punkte umfaßt der Vorschlag der Grünen, der sich im wesentlich an der als Konsequenz aus der Barschel-Affaire reformierten Landesverfassung von Schleswig-Holstein orientiert. Ihr sozialpolitischer Sprecher, Horst Frehe, erläuterte gestern den Reformvorschlag:

Neben dem „Volksbegehren“ und dem „Volksentscheid“ wollen die Grünen die „Volksinitiative“ nach schleswig-holsteinischem Muster in der Landesverfassung verankern. Ein Quorum von 5.000 BremerInnen soll per Unterschrift die Behandlung ihrer Anliegen im Parlament erzwingen können. Unterschriftenlisten, wie zum Beispiel zum Bremer Vekehrskonzept, würden dann nicht mehr einfach in den Papierkorb wandern.

Das Quorum für ein Volksbegehren wollen die Grünen drastisch von 20 Prozent der Stimmberechtigten auf zwei Prozent (etwa 10.000 UnterzeichnerInnen) senken, die dann mehrheitlich die Vorlage eines Gesetzentwurfes erzwingen können. Erfahrungen in Dänemark und Norwegen hätten gezeigt, so Frehe, daß die Mißbrauchsgefahr auch bei einem niedrigen Quorum wesentlich geinger sei, als die Gefahr der „gegenwärtigen politischen Apathie und Abstinenz großer Teile der Bevölkerung“.

Ein Zwei-Drittel-Quorum wollen die Grünen zur Änderung der Verfassung einführen. Derzeit sind Verfassungsänderungen nur durch einen einstimmigen Beschluß des Parlaments oder durch Volksentscheid möglich.

Die Deputationen sollen künftig in der Regel öffentlich tagen. „Die Verweisung eines Oppositionsantrages in die Deputation kommt häufig einer Erste-Klasse- Beerdigung gleich“, begründet Frehe die Forderung der Grünen. Die von einer Beratungsvorlage betroffenen BürgerInnen sollen ein Anhörungsrecht erhalten.

Das Petitionsrecht der BürgerInnen wollen die Grünen in der Landesverfassung verankern, um ihm mehr Gewicht zu verleihen. Darüber hinaus bereiten sie einen Antrag zu einer grundlegenden Änderung des Petitionsrechts vor. Die von der SPD angekündigte Novelle bezeichnen die Grünen, ebenso wie die „Vereinigung zur Förderung des Petitionsrechts in der Demokratie“, als unzureichend. Das „Kaltstellen“ von Ausschußmitgliedern bei der Öffentlichen Sprechstunde des Ausschusses und bei der Bearbeitung von Petionen soll künftig nicht mehr möglich sein. Eine Parlamentsdebatte über strittige Petitionen soll nicht mehr nur von einem Viertel der Abgeordneten, sondern von jeder/m einzelnen Abgeordneten beantragt werden können. asp