„UNO hat nichts gelernt“

■ „Survie 90“ kritisiert UN-Konferenz über Entwicklungshilfe

Paris (taz) — Harte Kritik an der bisherigen Praxis der Entwicklungshilfe begleitet die UN-Konferenz über die am wenigsten entwickelten Länder der Welt (LDC) in Paris. „Aus dem Scheitern der ersten Konferenz vor neun Jahren wurden keine Lehren gezogen“, meint der Generalsekretär der internationalen Bürgerbewegung „Survie 90“ (Überleben 90), Francois-Xavier Verschave. „Die Teilnehmer streiten weiter über makroökonomische Fragen und über die Höhe der Leistungen. Aber niemand fragt danach, warum die Hilfe nicht ankommt.“

Viele Nicht-Regierungsorganisationen (NRO), die praktische Entwicklungsarbeit leisten, beklagen ebenfalls den falschen Einsatz von Hilfsgeldern. Ein Beispiel: Im Norden von Benin gebe es 100.000 Hektar Brachland, berichtet Jean Carbonare vom „Afrika-Büro für Entwicklung und Zusammenarbeit“. Wenn dieses Land mit Hilfe gezielter Projekte bewirtschaftet würde, könnten dort fünf Tonnen Getreide pro Hektar geerntet werden. Stattdessen haben die Indurstrieländer Benin davon überzeugt, 5.000 Tonnen Nahrungsmittelhilfe im Jahr anzunehmen.

Die Lieferungen aus den übervollen Speichern der EG oder der USA verstärken die Abhängigkeit der Entwicklungsländer: Die örtlichen Getreidepreise fallen, das Einkommen der Bauern sinkt. In den vergangenen Jahren ging die landwirtschaftliche Produktion in mehreren LCD zurück. Solange die Kanäle für die enormen Summen der Geberländer in den Hauptstädten der Dritten Welt enden, kritisiert „Survie 90“, kann die Hilfe nicht wirksam werden.

Von der UN-Konfernz ist jedoch kein Umdenken zu erwarten. So wird im Entwurf des Aktionsprogramms für die 90er Jahre, das die Konferenz zur Zeit berät, weiterhin die Nahrungsmittelhilfe als Instrument zur Entwicklung bezeichnet. Kritiker befürchten, daß die LDC auch in den 90er Jahren am „Entwicklungstropf“ hängen werden. „Alle wissen heute, was nötig ist. Aber der Norden will nicht, daß der Süden auf eigenen Füßen steht und wirklich unabhängig wird“, sagte ein nigerianischer Beobachter der UN-Konferenz. Bettina Kaps