Eine ehrenwerte Gesellschaft

■ Die Bremer „Deutsch-italienische Gesellschaft“ stellte gestern ihr Herbstprogramm vor

Ach, Zitronien, du Land, wo die Italiener blühen, du hast es besser! Du kannst bleiben, wie du bist! Weil du gut und schön bist! Aber wir hier, z.B. im Norden, wo die meisten freiwillig Knipp essen, sind Verdammte. Eben wegen dem Knipp, und dann wegen keiner Lebensart, was in dem Knipp ja schon enthalten ist. Und darum sollen wir uns ein Vorbild an Italien nehmen, dem Ausbund an Lebensart. Aber wie Lebensart übernehmen wenn nicht stehlen? Mit ein wenig Anleitung. Zum Beispiel von einer deutsch-italienischen Gesellschaft mit lauter Italienkennern. Eine solche Gesellschaft gibt es auch in Bremen. Gestern stellte sie ihr Herbst- Programm vor und auch sich.

Zoom auf ein kleines Patrizierhaus im tiefsten Schwachhausen. Niemand käme von außen auf die Idee, daß es hier nicht nur deutsch, sondern auch italienisch zugeht. Aber dochdoch, unter dem Schild „Hans Olbert — Rechtsanwalt und Notar“ hängt noch ein zweites, drauf steht fein kleiner „Deutsch-Italienische Gesellschaft“ in deutsch-italienisch. Drinnen entpuppt sich Hans Olbert als Vorsitzender der Gesellschaft. Auch sein Stellvertreter, Professor Dieter Richter ist da, Bremer Kulturwissenschaftler; und sogar ein echter Italiener, Herr Zanghi, bisheriger Vorsitzender. Für die Lebensart steht in der Mitte ein multo-italienisches Buffet mit leichtem Vormittagsvino. Und wir stehen ziemlich stumm und warten noch ein akademisches Viertelstündchen. Da fühlt man sich doch merkwürdig deutsch, fast noch schlimmer als vorher. Endlich ergreift Herr Olbert das Wort und wir lernen, daß es die bremische deutsch-italienische Gesellschaft seit 1946 gibt, daß es ca. 45 davon in der BRD, daß sich auch in der Noch-DDR etwas Italienisches täte. Außerdem habe man als Regionalkomitee der Dante-Gesellschaft die Möglichkeit, an Sprach-Stipendien zu kommen.

Das Programm hat einen Schwerpunkt, der liegt in Form von drei Diavorträgen auf Rom. Einmal Rom als Traum und Wirklichkeit, einmal Rom vom Saturntempel bis zur Peterskirche, und einmal Rom von Sept.'43 bis Juni '44. Damit sind Nimbus und aktuelle Zeitgeschichte abgedeckt. Das Gesellige abdeckt ein gemeinsames Essen im „va bene“, Akzent Apulien. Für die Literatur vorträgt ernst-vergnüglich Professor Richter, Thema: Pinocchio und sein Autor Carlo Collodi. Auch will man eine italienische Oper in Hamburg besuchen. Und was ist mit Italiens Durchmarsch ins hochmoderne Industrieland? Das habe leider nicht die große Resonanz, das traditionelle Bild Italiens sei schon attraktiver. Aber nächstes Jahr ist eine Algenblüten-Diskussion geplant, auch als touristischer Service für die deutsche Urlaubsplanung. Und warum ist man persönlich in der Gesellschaft? Da sind eben italienische Beziehungen, und andererseits die Lebensart dort, der Umgang der Menschen. Genügt es da nicht, einfach gerne nach Italien zu fahren? Schon, aber man will doch Lebensart auch vermitteln! Jetzt sollen wir uns aber stärken. Herr Zanghi klatscht in die Hände. Na also. Im Essensgemurmel fragt jemand nach der Menge der hiesigen Italiener. Etwa 2000? Aber die wohnen fast alle in Vegesack, wegen dem Vulkan. claks