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Diestel will von nichts gewußt haben

DDR-Innenminister Peter Michael Diestel (inzwischen CDU) ist ein Mann der schnellen Worte. Für die taz war er gestern wegen seiner Wahlkampfaktivitäten nicht zu sprechen, gegenüber der 'Bild‘-Zeitung hat er sich gegen den Vorwurf, in seiner Amtszeit seien getarnte Offiziere der ehemaligen DDR-Staatssicherheit in hohe Positionen des Innenministeriums gelangt, nach der Art verwahrt, erstens habe er von nichts gewußt, und zweitens stimme es nicht. „Man kann einen Stasi-Mann erst entfernen, wenn er erkannt ist. Ich habe diese Information, daß Stasi-Offiziere in meiner Nähe sein sollen, erst am Freitag letzter Woche erfahren“, erklärte Diestel. Es handelte sich dabei um eine Liste mit 57 Namen und 15 Personenkennzeichen. Von dem seinem Ministerium unterstellten Komitee zur Auflösung der Staatssicherheit will er vorher nichts Konkretes von der OibE-Problematik erfahren haben. Immerhin hatte OibE Dieter Stein schon vorsorglich zum 1.9. gekündigt. Auf die Frage, warum er bestimmte Leute wie den Büroleiter des Staatlichen Komitees zur Auflösung der Stasi, Stein, nicht vor ihrer Berufung in so wichtige Ämter habe überprüfen lassen, antwortete Diestel, er könne das nicht. Das wäre in hohem Maße rechtswidrig gewesen, da der Ministerrat genau beschlossen habe, wer überprüft werde und wer überprüfen dürfe. Wieso bei Helmut Schulz, der immerhin Kaderleiter bei der politischen Kripo- Abteilung gewesen war, nicht ein Verdacht auf Stasi-Zugehörigkeit aufgekommen sein soll, konnte das Innenministerium gestern nicht klären.

Der Innenminister ging dafür massiv in die publizistische Offensive gegen diejenigen, mit denen er in Sachen Stasi- Auflösung hätte kooperieren müssen. Diestel erklärte, er bezweifle, daß die Namensliste des Volkskammerausschusses der in seinem Bereich beschäftigten „Offiziere im besonderen Einsatz“ wahrheitsgemäß sei. Es seien Akten vernichtet und verändert worden, Mitglieder von Bürgerkomitees hätten „Akten veräußert“. Dankward Brinksmeier, dem früheren Vorsitzenden des Ausschusses zur Überprüfung der Volkskammerabgeordneten, wirft Diestel per 'Bild‘ eine „schludrige Art“ des Umgangs mit den Akten vor. K.W.

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