INTERVIEW
: Den Namen "Bündnis 90" schützen

■ Kathrin Menge vom Vorstand der neuen politischen Vereinigung über die Ziele der GründungINTERVIEW

taz: Am Sonntag haben Mitglieder des Neuen Forums, der Initiative für Frieden und Menschenrechte und von Demokratie Jetzt in Pankow landesweit das „Bündnis 90“ gegründet. Euer Registrierungsantrag wurde zunächst ausgesetzt. Seid ihr mit der Gründung einer Wahlpartei zu schnell und zu weit vorgeprescht?

Kathrin Menge: Den Eindruck haben wir nicht. Das wichtigste ist: Wir sind keine Wahlpartei, sondern eine politische Vereinigung. Die Teilnahme an Wahlen ist eine Bedingung dafür, als politische Vereinigung akzeptiert zu werden, deshalb steht das auch im Statut.

Mit der Gründung verfolgen wir mehrere Intentionen: Zum einen ist das Bündnis 90 aus einer Basisinitiative von Teilen des Neuen Forums entstanden, der sich Mitglieder der anderen Organisationen angeschlossen haben. Ziel war, die Bündnisverhandlungen zu unterstützen, auch durch Teile der Basis des Neuen Forums. Wir wußten, daß es im Neuen Forum sehr unterschiedliche Haltungen zu den Wahlen gibt. Es handelt sich also um eine gewachsene Sache, die nicht von einem Tag auf den anderen entschieden wurde.

Ein wichtiger Punkt war auch, daß die Basisinitiative Hinweise erhalten hatte, daß der Name „Bündnis 90“ durch andere Personen geschützt und registriert werden sollte. Dem sind wir zuvorgekommen. Wir wollten vor allen Dingen den Schutz des Namens, der uns sehr am Herzen liegt. Anderenfalls hätte es nicht zu dem Namen des Wahlbündnisses „Die Grünen/Bündnis 90“ kommen können, weil der Name dann von Leuten rechtlich geschützt worden wäre, die selbst kein Interesse an seiner Nutzung haben.

Immerhin ist es nun juristisch möglich, daß das Bündnis 90 zu den Wahlen antritt. Vor dem Hintergrund der laufenden Verhandlungen zwischen den Bürgerbewegungen und den Grünen aus Ost und West klingt das doch sehr nach Konkurrenz.

Wir wollen unter keinen Umständen die Bündnisverhandlungen torpedieren. Wir betrachten die Gründung der Vereinigung Bündnis 90 als Unterstützung für diese Verhandlungen. Wir sind jederzeit bereit, den Namen „Bündnis 90“ für dieses Wahlbündnis zur Verfügung zu stellen. Wir wollen keine eigenen Listen zu den gesamtdeutschen Wahlen aufstellen.

Es geht uns vor allem auch um Teile der Basis des Neuen Forums, die sich aufgrund unserer Initiative gemeldet haben, die ein Bündnis selbst dann wollen, wenn es in ihrem Kreis vielleicht nicht alle Gruppierungen gibt. Das Bündnis 90, das sich jetzt gegründet hat, verfolgt die Intention, perspektivisch enger zusammenzuarbeiten.

Könnt ihr euch Situationen vorstellen, in denen das Bündnis 90 doch zu den gesamtdeutschen Wahlen antritt?

Sollten die Bündnisverhandlungen nicht erfolgreich sein, würden wir unsere Aktion als Chance betrachten, um die Listenverbindung zwischen den Bundesgrünen und den Bürgerbewegungen in der DDR noch zustande zu bringen. Aber das wäre dann nur die letzte Möglichkeit für den Fall, daß die bisher getroffenen Absprachen, mit denen wir ohne weiteres leben können, nicht eingehalten werden. Den Wahlkampf werden wir auf jeden Fall unterstützen, wenn die bisherigen Vereinbarungen eingehalten werden.

Eure Gründung ist mitten in die Endphase der Verhandlungen geplatzt. Steckt dahinter nicht auch ein gewisses Mißtrauen gegenüber den Gesprächen im Haus der Demokratie?

Dahinter steckt die Befürchtung, daß es doch noch zu größeren Komplikationen kommen kann. Wir sehen das Problem, daß einige Verhandlungsführer des Neuen Forums entgegen vielen Aktivitäten an der Basis immer wieder eine andere Position vertreten. Diese Basisgruppen fühlen sich durch solche Delegierten nicht vertreten, sondern uns verbunden, weil wir das Bündnis auch organisatorisch untermauern wollen.

Wer soll denn nun eigentlich mit den Grünen weiter verhandeln? Ihr oder, wie bisher, die legitimierten Vertreter der einzelnen Organisationen?

Wir betrachten weiterhin die bisher legitimierten Vertreter der einzelnen Organisationen als die Verhandlungsführer. Wir sehen uns nach wie vor als geduldete Partner am Runden Tisch. Wir haben ja kein Stimmrecht, was ich auch verstehen kann. Sollte eine neue Situation entstehen, dann müßte überdacht werden, wie die Verhandlungen weitergeführt werden. Das Gespräch führte Beate Seel

Das Bündnis 90 veranstaltet am kommenden Samstag um 11 Uhr im Haus der Parlamentarier ein landesweites Treffen aller Bündnisbeteiligten und Interessenten