Neuer Poker um das Weserkraftwerk

■ SPD-Fraktion fühlt sich vom Firmen-Konsortium „verarscht“ / Wedemeier: „Wir wollen bauen“

Der Verhandlungs-Poker um ein neues Weserkraftwerk geht in eine neue Runde. Gestern hat sich Bürgermeister Wedemeier persönlich eingeschaltet und nach zwei Seiten ausgeteilt: Sowohl der unwillige Stadtwerke-Vorstand als auch das Firmen-Konsortium, das am 27. August sein 86-Millionen-Festpreisangebot für das Wasserkraftwerk vorgelegt hat, müßten dringend nachverhandeln, damit das Ziel des Senats erreicht werden könne. Zumindest daran ließ Wedemeier aber gestern keinen Zweifel: „Es steht fest, wir wollen ein solches Kraftwerk bauen.“

Doch auf dem Weg liegen noch Steine. „Der Stadtwerke-Vorstand sieht keine Chance mehr, das Weserkraftwerk mit dem Konsortium zu bauen“, weiß Wedemeier, „diese Empfehlung würde er jetzt auch dem Aufsichtsrat geben. Als Aufsichtsratsvorsitzender will ich diese Empfehlung aber nicht hören!“ In einer langen Nacht hatte sich der Bürgermeister persönlich durch das detaillierte Festpreisangebot gearbeitet, mit dem die Stadtwerke so unzufrieden sind, daß sie zusätzliche Leistungen in Höhe von rund 18 Mio Mark verlangen (vgl. taz vom 8.9.90). „Wir haben keinen Mercedes bestellt, aber einen Trabbi wollen wir uns auch nicht verkaufen lassen“, war gestern Wedemeiers Resümee.

Zusätzliche Leistungen im Wert von sieben Millionen Mark müßte das Konsortium auf jeden Fall übernehmen, hat Wedemeier errechnet. 2,6 Mio Mark dagegen hält er für Luxus, den die Stadtwerke selber zahlen müßten, wenn sie ihn wollen. Und über die Verteilung der restlichen 8,4 Mio Mark hat Wedemeier ein Gutachten in Auftrag gegeben. Noch vor der nächsten Sitzung des Stadtwerke-Aufsichtsrats am 25. September soll das Ergebnis vorliegen. Dann — so hofft Wedemeier — könne auch endlich eine Entscheidung für den Bau des umweltfreundlichen Kraftwerks fallen.

Der Rechnung des Bürgermeisters schloß sich gestern auch die SPD-Fraktion an. „Richtig verarscht“ fühle er sich von dem Angebot des Konsortiums, wetterte gestern der Vorsitzende des Energie-Ausschusses der Bürgerschaft, Karl-Heinz Schmurr. „In höchstem Maße unseriös“ sei es, daß die Firmen z.B. die finanziellen Risiken für Planänderungen durch die Genehmigungsbehörden den Stadtwerken aufbürden, die Bauhaftung auf 1,5 Mio Mark und die Garantie auf ein Jahr begrenzen und an technischer Basisausstattung und Ersatzteilen sparen wollten. Alles dies sei noch im Mai als Teil der Leistung zum Festpreisangebot versprochen worden, als Konsortium, Stadtwerke, Senat und Energieausschuß zum letzten Mal beisammen gesessen hatten.

„Zu alle Aussagen, die wir damals gemacht haben, stehen wir noch immer“, versicherte dagegen ein Sprecher des Konsortiums, Dr. Eissfeldt von der Firma Voith, auf Nachfrage der taz. Natürlich habe man für den Dumpingpreis von 86 Mio Mark keinen „Mercedes“ angebieten können, ein Trabbi werde dabei allerdings auch nicht herauskommen, sondern ein grundsolider Volkswagen.

Er verstehe zwar, daß die Stadtwerke einige zusätzliche Wünsche zum vorgelegten Angebot hätten, „notwendig sind diese Teile zum Betrieb der Anlage aber nicht“, sagte Eissfeldt und ergänzte: „Ein unseriöses Angebot können wir uns wirklich nicht leisten.“ Über einzelne Details könne natürlich noch gesprochen werden. So sei das Konsortium durchaus bereit, die Garantiezeit zu verlängern oder behördlich angeordnete Bauänderungen im Bereich der technischen Ausstattung selber zu bezahlen.

Sowohl die Firmen des Konsortiums als auch Bürgermeister Wedemeier setzen nun auf ein gemeinsames Gespräch am Mittwoch kommender Woche. Vor ihren gestrigen Pressekonferenzen hatten nämlich weder Wedemeier noch Schmurr noch einmal mit den Firmen über ihre Bedenken gegenüber dem Festpreisangebot gesprochen. Eine „Verschiebung des Weserkraftwerk- Baus auf den St.-Nimmerleins- Tag“ fürchten unterdessen die Grünen.

Dirk Asendorpf