KUNSTLICHTKUNSTLICHTKUNSTLICHTKUNST Sorgenti calde, Existenzialismus-Zone und Entdeckung der Landkarte

■ Stefan Tiedje im Haus Lesmona, Günter Firit in der Galerie Steinbrecher, Bogdan Hoffmann in der Galerie Beim Steinernen Kreuz

Die Not der Gesellschaft für aktuelle Kunst in Bremen (GAK): In der Umbauzeit der Weserburg hat sie keine eigenen Ausstellungsräume. Die Tugend, die sie daraus macht: Sie geht mit Projekten nach draußen, in den „Außenraum“. Jetzt realisierte die GAK mit dem Berliner Komponisten Stefan Tiedje im und beim Haus Lesmona eine „Klanginstallation“, Titel: „Le Sorgenti Calde Di Pantelleria“. Wo unsereins mit dem Fotoapparat durch die Gegend rennt, hat Tiedje allzeit ein Tonbandgerät bei sich, so auch auf der Mittelmeerinsel Pantelleria. Die Geräuschaufnahmen an den dortigen heißen Quellen (Sprudeln, Brandung, Kindergeschrei, Bienengesumm) sind Grundlage der Klanginstallation rund um die Villa der Familie Waller in Knoops Park. Mit selbstgebastelten Computerprogrammen modifiziert Tiedje die Klänge, die aus Boxen im alten Gebäum dringen. Unauffällig angebrachte Soundbeams (eine Art Lichtschranke) bemerken die Existenz Vorübergehender, geben die Information an den Rechner weiter, der wiederum neue Klangfolgen auslöst. Dadurch wird es Besuchern ermöglicht, Einfluß auf das Klanggeschehen zu nehmen. Die „Live-Musik“ nimmt Tiedje auf, sie ist, auch nachdem die Außeninstallation abgebeut ist, in der Galerie zu hören. - Tiedje (Jg.'56) ist gelernter Physiker und Elektrotechniker (Studiotechnik, Akustik und Computermusik) und beschäftigt sich seit '84 mit „algoritmischer Komposition“ mittels Computerprogrammen. Seit '86 veranstaltet er Solokonzerte, Performances und Installationen. Sein Geld verdient er mit Soundproduktion für verschieden MusikerInnen. Für Bremen geplant, für den hiesigen Funk aber zu kurzfristig verabredet, war ein zweites Projekt: „Radiofeedback“, ein Medienstück, bei dem die ZuhörerInnen mittelbar per Telefon Einfluß auf eine entstehende Komposition nehmen können. (Haus Lesmona, Am Kapellenberg 5, bis 30.9., geöffnet Mi. und So., 15-18 Uhr)

Funktionärssohn, Meisterschüler von Bernhard Heisig, Mitorganisator der ersten Leipziger Dissidentenschau '84, '86 rübergemacht nach München: Mit Günter Firit stellt wieder ein avancierter Ex- DDRler in der Galerie Steinbrecher aus, wieder monumental, mit pastosem Öleinsatz, ein Expressiver in der Beckmann-Nachfolge, einer, der seine Gewalt-, Angst-, Zerstörungsthematik an keiner Stelle ironisch bricht. Seine Figuren, oft geschunden, verstümmelt, sind kantig, überall ragen Keile ins Bild („Angriff“), strenges Dunkel auf hellem Grund. „Zwischen den Mauern“ — so der Titel einer Serie — konstruiert Firit sein Niemandsland, eine Zone des Existenzialismus, in der selten auch einmal anmutig-poetische Gedanken wachsen. Einen Kontrast zur Wucht der brutalen Geraden bietet eine Reihe von Zeichnungen, in denen sich gegen starr architektonische Elemente vegetative Strukturen entwickeln. (Am Dobben 44, bis zum 6.10.)

Die Bremer Holzschnitt-Renaisance blüht und verdankt sich nicht zuletzt Bogdan Hoffmann, dem letztjährigen Förderpreisträger Bremens. Mit seinen Positiv-Negativ-Flächenaufteilungen, seiner Entdeckung der Landkarte als Sujet und seinen übergroßen Druckformaten hat sich der 33jährige einen Namen und bleibenden Eindruck gemacht. In der Galerie beim Steinernen Kreuz zeigt Hoffmann jetzt neue Arbeiten, darunter eine große Mischtechnik „Masuren“, eine bearbeitete Autoatlas-Seite, oder „Nordsee“, einen ca. 1,50 x 2m Holzschnitt, in alte Palettenbretter geritzt. Viele seiner Arbeiten führt Hoffmann in Aquarell und Holzschnitt aus, wie „Paris“, eine gigantische Stadtdraufsicht (er ist derzeit Stipendiat der „Cite internationale des Arts“). (Beim Steinernen Kreuz 1, bis zum 6.10.; geöffnet Di. bis Fr. 10-13, 15-18.30h, Sa. 10-14h, aber nicht heute) Bus