Eine neue Kurstadt für Wandlitz

■ Landkreis Bernau baut zusammen mit westdeutschem Investor in der ehemaligen Bonzensiedlung eine »Kurstadt Bernau-Waldfrieden«/ Reha-Klinik mit 250 Betten geplant/ Wirbel um Eigentumsfrage zwischen Stadt- und Kreisverwaltung

Bernau. Im ehemaligen »Honniwood« Wandlitz soll sich in Zukunft das Volk erholen und bilden. Das macht es zwar jetzt auch schon, aber im Gegensatz zu dem, was geplant ist, noch reichlich bescheiden, eben »ostmäßig«. In Zukunft soll das Gelände zu einer »Kurstadt Bernau-Waldfrieden« umgebaut werden. Mit dem Bau des ersten Gebäudes, einer völlig neuen Rehabilitationsklinik mit 250 Betten für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Neurologie und Orthopädie mit Baukosten von 40 Millionen Mark wurde am Montag begonnen. Neben dem medizinischen Projekt, das im »inneren Kreis«, dem Areal, auf dem die Häuser der Politbüromitglieder stehen, angesiedelt ist, soll im »äußeren Kreis«, wo sich Versorgungseinrichtungen und weitere Unterkünfte befinden, ein technisches Projekt gebaut werden. Dort wird ein Berufsbildungszentrum entstehen, das für das Brandenburg einschließlich Berlin genutzt werden soll.

Investor und Bauherr des Projekts ist der Landkreis Bernau zusammen mit der Firma »Brandenburg Klinik GmbH«, einer Tochtergesellschaft der Firmengruppe Michels, die in Westdeutschland und West-Berlin schon maßgeblich am Bau von medizinischen Großprojekten beteiligt war. Bis zum 9. September war der Grund und Boden der Siedlung, wie in der DDR üblich, Volkseigentum, also im Besitz der Ostberliner Treuhandanstalt. Am Montag aber wurde der Kreis Bernau vom Ministerrat der DDR als neuer Rechtsträger eingesetzt und ist somit Grundstückseigentümer des 140 Hektar großen Geländes. Dieser Schritt wirbelte allerhand Fragen und Erstaunen auf, denn davon können andere Gemeinden, die ebenfalls mit verschiedenen Investoren verhandeln und aufgrund der ungeklärten Besitzverhältnisse aber noch nicht zu einem Ergebnis gekommen sind, nur träumen. Bernaus Landrat Friese (SPD), der von einer wahren Odyssee durch die verantwortlichen Ministerien berichtete, versicherte aber, daß diese Ausnahmegenehmigung für die Auslösung des Grundstücks aus dem Vermögen der Treuhand nur durch den unermüdlichen Einsatz von ihm selbst und den seiner Kreisratskollegen möglich gemacht wurde. Das Gelände, das 1973 von der Versorgungsstelle des Ministerrats übernommen wurde, kam schon kurz darauf in die Verfügungsgewalt des MfS. »Alte Seilschaften«, so Friese, hätten nun versucht, ihre eigenen Interessen und Pläne mit dem Gelände durchzusetzen, und den Kreisrat bei der Durchführung seiner Pläne »unglaublich behindert«. Das ging im ohnehin stasibelasteten Bernau so weit, daß Gespräche abgehört wurden und sich die Landräte »nur noch im Innenhof des Landkreisamtes ungestört austauschen konnten«.

Damit aber nicht genug. Der Kreis Bernau ist nämlich gar nicht der rechtmäßige Eigentümer dessen, was ihm der Ministerrat jetzt so undurchsichtig zugeschlagen hat. Das behaupten zumindest die Vertreter der Stadt Bernau. Das MfS hat das Gelände 1973 nämlich der Stadt und nicht dem Kreis Bernau vom Tisch gezogen, also muß auch die Stadt es jetzt wieder zurückbekommen. »Alles andere ist eine zweite Enteignung«, wie ein Stadtverordneter es ausdrückte. Bernaus Bürgermeister Geuber (SPD) will auch nicht auf die der Stadt zustehenden Steuern und Pachtgebühren aus dem Projekt verzichten und kündigt notfalls eine Verfassungsklage an, um wieder in den Besitz des Geländes zu kommen. Landrat Friese sieht darin aber keinen Streitpunkt. »Mir ist es Wurscht, wem das gehört, Hauptsache, Investition und damit Arbeitsplätze sind gesichert.« Thorsten Preuß